Vor gut 50 Jahren verhinderte der CVP-Ständerat Xaver Stöckli aus Boswil einen Panzerübungsplatz auf dem Lindenberg. Stöckli und die Aargauer Regierung durchkreuzten die Pläne des Eidgenössischen Militärdepartements und von Bundesrat Paul Chaudet.
Jörg Baumann
Militärstrategisch spielte der Lindenberg in der Vergangenheit eine grosse Rolle. Bis in die jüngsten Jahre bestand in Bettwil am Niesenberg eine Anlage mit «Bloodhound»-Luftabwehrlenkwaffen. Die Stellung wurde vor ein paar Jahren abgebaut, weil sie technisch überholt war.
Geheimplan bleibt nicht geheim
1956 sondierte das Eidgenössische Militärdepartement (EMD), ob auf dem Lindenberg ein Panzerübungsplatz angelegt werden könne. Vier Luzerner Landhändler versuchten im Auftrag des EMD, verkaufswillige Landwirte auf ihre Seite zu bringen. Das EMD entwickelte sein Projekt hinter den Kulissen. Doch es blieb dem CVP-Grossrat und Ständerat Xaver Stöckli (1888-1975) aus Boswil nicht verborgen. Im Gespräch mit einem Sektionschef im Oberkriegskommissariat (OKK) erfuhr Stöckli «ganz zufällig und rechtzeitig», dass auf dem Lindenberg Landerwerbsverhandlungen im Gange seien, wie er in seinen privat verfassten Memoiren schreibt. In einem internen Bericht des OKK war von 20 landwirtschaftlichen Betrieben die Rede, die aufzulösen wären, und von 20 bis 25 weiteren Grundeigentümern, die bei einer Projekt-realisierung mitziehen müssten.
Mit dem geplanten Panzerübungsplatz wären auf der Freiämter Seite zwischen Boswil, Bettwil, Buttwil und Geltwil sowie Müswangen, Hämikon und Schongau auf der Luzerner Seite vierzehn Quadratkilometer bestes Kulturland und die Buttwiler und Müswanger Allmend geopfert worden. Stöckli stand zur Landesverteidigung. Aber als ausgebildeter Bauer wollte er den Lindenberg, in seinen Augen die «Kornkammer des Freiamts», nicht für die Centurion-Panzer preisgeben. «Mein Grossvater war zwar schon länger nicht mehr aktiver Bauer. Aber die Landwirtschaft stand ihm immer nahe», erzählt Stöcklis Enkel Marcel Stöckli.
Die Presse tritt auf den Plan
Xaver Stöckli machte die Pläne des EMD im «Wohler Anzeiger» und im «Aargauer Volksblatt» publik. Die «Aargauer Bauern- und Bürgerzeitung» meldete, dass die Landhändler aus Luzern den Bauern den doppelten Verkehrswert offeriert hätten. Das sei nichts anderes als «Bodenspekulation und Preistreiberei». Viele andere Schweizer Zeitungen griffen das Thema auf. Sogar Familienzeitschriften wie «In freien Stunden» und «Heim und Leben» brachten Artikel, befragten betroffene Landwirte und publizierten Bilder ihrer Liegenschaften.
Xaver Stöckli wurde im Grossen Rat und im Ständerat mit Vorstössen aktiv. Der Aargauer Militärdirektor Ernst Bachmann zeigte sich überrascht. Er hatte von den Plänen nichts gewusst. Bachmann warf dem EMD vor, es spiele nicht mit offenen Karten, indem es die Landspekulanten aus Luzern vorschiebe. Bundesrat und EMD-Chef Paul Chaudet teilte in seiner ersten Antwort auf Stöcklis Intervention mit, dass erst auf der Luzerner Seite geologische Abklärungen nach der Eignung des Lindenbergs als Panzerübungsplatz gelaufen seien. Die Presse wusste bereits mehr: Die Geologen hätten ihre Sondierungen auch auf Aargauer Boden ausgedehnt, ohne Kompetenzen freilich. Das geologische Gutachten gab zu keinen grossen Hoffnungen Anlass. Es sprach davon, dass der hüglige Lindenberg für das Befahren der 50 Tonnen schweren Panzer nur bedingt geeignet und die Landschaft zum Teil mit Mooren übersät sei.
Am entschlossenen Widerstand hielt die Aargauer Regierung bis zum Schluss fest. Am 26. August 1957 beschloss die Bundesversammlung, den Panzerübungsplatz in der Ajoie und nicht auf dem Lindenberg zu bauen. 1958 wurde das Projekt im Freiamt endgültig aufgegeben.
Die verwendeten Informationen sind folgenden Quellen entnommen: Werner Lustenberger, Luzern: Ein Panzer- und Truppenübungsplatz auf dem Lindenberg? Beitrag in der Heimatkunde aus dem Seetal (2009).
Xaver Stöckli, Boswil: Mein Lebenslauf (unveröffentlichtes Manuskript, 1974).