Monika Ribar übernimmt im Sommer das Steuer. Sie arbeitet auch für zwei Airlines.
Ein Maserati mit Chauffeur ist nur wenigen vergönnt. Monika Ribar gehört zu ihnen. Zumindest von 2006 bis 2013, als sie den milliardenschweren Basler Logistikkonzern Panalpina führte. So schnell wie ein Maserati auf einer Passstrasse, so schnell steigt die 56-Jährige nun auf den Thron der SBB.
Erst im Mai 2014 war es, als der Bundesrat die Toggenburgerin in den Verwaltungsrat berufen hatte, als Vizepräsidentin. Am Mittwoch gab der Bund bekannt, dass er Ribars Kandidatur als Präsidentin der SBB gutheisst. Der Bundesrat wird sie Mitte Juni als Nachfolgerin von Ulrich Gygi wählen, der nach sieben Jahren an der SBB-Spitze abtritt.
Es ist ein weiterer Höhepunkt in Ribars Karriere: 2006 erhielt sie den allerersten Women’s Business Award der Schweiz. Die «Financial Times» zeichnete Ribar mehrmals als eine der
30 einflussreichsten Frauen der Weltwirtschaft aus. Ihre Karriere startete mit einem Wirtschaftsstudium an der HSG in St. Gallen. Um sich das Studium zu finanzieren, arbeitete sie im Service.
Beim Logistikkonzern Panalpina – dessen Geschichte begann als Rheinschifffahrtsgesellschaft – hatte Ribar 23 Jahre gearbeitet, unter anderem als Informatikchefin, später als Finanzchefin, am Schluss als CEO. In ihrer Amtszeit war Panalpina in eine Korruptionsaffäre in Nigeria verwickelt. Als Ribar 2013 zurücktrat, schoss der Aktienkurs in die Höhe. «Operativ war ihr Leistungsausweis bescheiden», urteilten Analysten der Zürcher Kantonalbank.
Vor Panalpina war Ribar für einen anderen Basler Weltkonzern tätig: das Chemieunternehmen BASF. Ribar kennt sich mit weiteren für die Schweiz wichtigen Branchen aus: Bis letzten Sommer war sie Verwaltungsrätin des High-Tech-Unternehmens Logitech, das mit seinen PC-Tastaturen auf der ganzen Welt bekannt wurde.
Auch die Finanzwelt hat es Ribar angetan: Sie war Verwaltungsrätin der Bank Julius Bär. Und noch heute sitzt Ribar im Verwaltungsrat der 2013 gegründeten Chain IQ Group. Diese ist aus der UBS entstanden und organisiert das Beschaffungswesen der Grossbank.
Bekannt wurde Monika Ribar in jüngster Vergangenheit als Verwaltungsrätin des Bauzulieferers Sika. Der französische Konzern Saint-Gobain will die Schweizer Firma von der Erbengemeinschaft aufkaufen, doch Aktionäre und ein Teil des Verwaltungsrats stemmen sich dagegen. Darum schickte sich die Erbenfamilie an, drei Verwaltungsräte zu schassen. Monika Ribar war eine davon, hat ihr Amt aber noch inne. Weiter sitzt Ribar im Verwaltungsrat von Rexel, einem milliardenschweren französischen Konzern der Elektrobranche.
Pikant sind zwei von Ribars Ämtern: Sie sitzt im Verwaltungsrat von Lufthansa und Swiss. Die beiden Airlines könnte man als Konkurrenz der SBB bezeichnen. Wird Ribar ihr Lufthansa-Mandat also abgeben? Dazu wollte sie sich am Mittwoch weder telefonisch noch schriftlich äussern. Sie sei den ganzen Tag an Sitzungen. Das ist keine Überraschung: Ribar ist eine der wenigen Schweizerinnen, die ihr Geld allein mit Verwaltungsratsmandaten verdienen. Leider bleibt so auch unklar, ob die SBB unter Ribar weiterhin die Preise erhöhen werden und ob die Logistik-Expertin die SBB Cargo aus der tiefroten Verlustzone steuern will.
Rückhalt hat Ribar nicht nur beim Bundesrat. So steht die Eisenbahnergewerkschaft SEV der Kandidatur offen gegenüber: «Wir begrüssen es, dass es eine Frau mit Branchenerfahrung ist», sagt der Gewerkschaftssprecher Peter Moor. Positiv ist Ribars Wahl auch aus Frauensicht: Sie wird die erste Frau an der Spitze der SBB. Das sei nicht nur eine Einzelerscheinung, meint die Headhunterin Doris Aebi: «Im oberen Kader hat es immer mehr Frauen. Die Schweizer Firmen sind auf einem guten Weg.» Zum einen stehen mehr Frauen für Kaderstellen zur Verfügung, zum anderen schauen die Unternehmen auf eine bessere Durchmischung in den Verwaltungsräten. Denn dieses Gremium soll die ganze Firma repräsentieren. Als einen Coup des Bundesrats würde Headhunterin Aebi die Wahl von Ribar aber nicht bezeichnen: «Mit ihrem Werdegang und als Vizepräsidentin ist das der nächste logische Schritt.»
Seit kurzem wohnt die verheiratete und kinderlose Monika Ribar nicht mehr in der Agglomeration von Basel, sondern am Ufer des Zürichsees. In einem Mehrfamilienhaus an der Pfnüselküste – und nicht in einer Villa an der Goldküste, wie es der eingangs erwähnte Maserati erwarten lassen würde.