Die Trinkwasser-Initiative will Bauern, die Pestizide einsetzen die Direktzahlungen streichen. Der Trinkwasserverband sieht andere Lösungen.
Paul Sicher ist Umweltnaturwissenschaftler und Leiter Kommunikation beim Trinkwasserverband SVGW. Die Fachorganisation vertritt die Interessen der Trinkwasserversorger.
Paul Sicher: Es wird für die Wasserversorger immer schwieriger, sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Im Mittelland enthalten 70 Prozent der Grundwasser-Brunnen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten mehr als 0,1 Mikrogramm Pestizide pro Liter – also mehr als der gesetzliche Anforderungswert. Und in den Bächen findet man einen ganzen Cocktail an Pestiziden, deren Wirkung nur unzureichend abschätzbar ist. Das sind deutliche Anzeichen, dass wir den Schutz der natürlichen Trinkwasservorkommen verbessern müssen.
Das Trinkwasser ist heute gut. Aber der Aufwand, um die gute Qualität zu halten, steigt. Es gibt heute praktisch keine Ausweichstandorte für alternative Wasserfassungen mehr. Als Hüter der Trinkwasserqualität legen wir viel Wert auf Vorsorge. Denn ein Stoff, der ins Grundwasser gelangt, ist Jahrzehnte danach noch nachweisbar. Die Böden können Sie nicht so einfach reinigen.
In einer Umfrage, die wir vergangenes Jahr durchgeführt haben, sagten 28 Prozent, dass sie in den letzten 20 Jahren Fassungen schliessen mussten. Die Nutzungskonflikte nehmen zu, unter anderem mit der Landwirtschaft. Das Problem brennt den Wasserversorgern unter den Nägeln. Wir müssen heute schon teilweise Wasser mischen, damit die Höchstwerte der Lebensmittelgesetzgebung eingehalten werden können. Mittelfristig müssten wir Trinkwasser aufbereiten. Das ist teuer und nicht verursachergerecht. Und die Bevölkerung fordert deutlich ein natürliches Trinkwasser.
Der Aktionsplan ist eine freiwillige Massnahme des Bundes. Wir vermissen die Verbindlichkeit und konkretere Ziele und Massnahmen zum Schutz des Grundwassers. Auch die Massnahmen, die der Bundesrat mit der Agrarpolitik 22+ vorschlägt, reichen nicht aus und wir befürchten, sie sind leere Versprechen. Bei der AP22+ dürfte der politische Widerstand gegen Gewässerschutzmassnahmen gross sein.
Das ist eine Option. Wir werden im Sommer das Geschäft mit unseren Mitgliedern diskutieren. Momentan glauben wir aber noch an einen Gegenvorschlag. Die Initiativen gehen sehr weit – wir sind der Überzeugung, dass wir mit spezifischen Massnahmen den Schutz des Trinkwassers und der Wasservorkommen besser erreichen können, doch dafür braucht es politischen Willen und einen Gegenvorschlag. Es ist zweifelsohne zielführender, Massnahmen zum Schutz der Gewässer und des Trinkwassers einzuführen, ohne die ganze Landwirtschaft umzukrempeln.