Macht
Das Vitamin C der CVP: Spitzenjobs für Leuthards Parteikollegen

Erneut gehen Posten an Parteikollegen von Doris Leuthard – herrscht in ihrem Departement ein CVP-Filz?

Sven Altermatt
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Herrscht ein CVP-Filz in Leuthards Departement?

Herrscht ein CVP-Filz in Leuthards Departement?

Keystone

Zumindest bei den Rätoromanen ist die Freude gross. Endlich besetzt wieder einer der ihren ein Spitzenamt beim Bund. Der Bundesrat hat den Bündner Rechtsanwalt Vincent Augustin zum Präsidenten der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) gewählt – auf Antrag von Medienministerin Doris Leuthard. «Erstmals tritt ein Rätoromane an die Spitze dieser Behörde», frohlockt der Bund in einer Mitteilung.

Was darin mit keinem Wort erwähnt wird: Augustin ist nicht nur Rätoromane, sondern auch ein Parteikollege Leuthards. Während Jahren politisierte der 59-Jährige für die CVP im Bündner Grossrat.

Ein Postengeschacher innerhalb einer Partei ist nicht ungewöhnlich. Gerade Bundesräte besetzen Spitzenpositionen gern parteipolitisch. Doch im Infrastruktur-Departement werden Parteikollegen Leuthards auffällig oft mit Posten versorgt.

Angefangen bei Hans Hollenstein: Dem abgewählten Zürcher CVP-Regierungsrat wurde 2012 der Chefposten der Aufsichtsbehörde Postcom zugehalten. Oder der abtretende Ständerat Urs Schwaller: Vor wenigen Wochen liess er sich von Leuthard als Post-Verwaltungsratschef nominieren. Der Freiburger hatte zuvor jahrelang die CVP-Fraktion präsidiert.

Eine wahre CVP-Pfründe ist die SRG, für welche Doris Leuthard im Bundesrat zuständig ist. Hier hält sich die Partei wacker: Vor drei Wochen wurde Viktor Baumeler an die Spitze der Mediengesellschaft gewählt. Der ehemalige Luzerner Staatsschreiber ist Christdemokrat, ebenso sein Vorgänger Raymond Loretan. Im Oktober kandidierte der frühere CVP-Generalsekretär in Genf erfolglos für den Ständerat.

Obwohl die Mitglieder offiziell nicht nach ihrem Parteibuch rekrutiert werden, stammen derzeit gleich drei der acht SRG-Verwaltungsräte aus der CVP.

Weniger Wähler – viel Einfluss

Die Christdemokraten bauen auf ihren Einfluss. Unter politischen Gegnern ist wahlweise die Rede von Filz oder Kumpanei. Der Argwohn wächst: Scharfe Kritik kam jüngst vom freisinnigen alt Bundesrat Pascal Couchepin. Im «Tages-Anzeiger» verglich er die CVP mit einem Personalvermittler. Die Partei existiere bald nur noch, «um ihren Mitgliedern bessere Stellen zu verschaffen».

Ähnlich sieht es der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann. «Nirgendwo funktioniert der Filz besser als bei der CVP», sagt er gegenüber der «Nordwestschweiz». Obwohl ihre Wählerbasis seit Jahren schrumpfe, verstehe sie sich weiter als ausgesprochene Machtpartei.

Herrscht ein CVP-Filz in Leuthards Departement? Das wollte Wobmann in der gestrigen Fragestunde von der Bundesrätin wissen. Diese widersprach: Die Parteizugehörigkeit werde weder in ihrem Departement noch bei den bundesnahen Betrieben erhoben, so Leuthard. In der vergangenen Legislatur seien im Departement rund zwanzig Posten auf Direktionsstufe besetzt worden – «nur einer davon ging an ein CVP-Mitglied». Allerdings sind Regulierungsbehörden wie die Postcom oder auch die SRG hier nicht eingerechnet.

CVP-Kommunikationschef Thomas Jauch mag nicht über das Thema reden. Stattdessen verweist er auf die Antworten seiner Bundesrätin, denen nichts mehr hinzuzufügen sei. Und auch von CVP-Politikern werden entsprechende Vorwürfe empört zurückgewiesen. Bei Postenvergaben würden Magistraten ihrer Partei gleich vorgehen wie in anderen Parteien, sagt etwa die Fraktionsvizechefin Viola Amherd. «Ich glaube nicht, dass die CVP da mehr zu sagen hat.»

Das Machtzentrum der Partei

Tatsächlich gibt es keine Belege dafür, dass CVP-Leute bevorzugt würden. Allein schon deshalb, weil die Bedeutung der Parteizugehörigkeit in der Verwaltung abgenommen hat. Der CVP eilt jedoch ein Ruf voraus: Auf Spitzenposten seien ihre Leute traditionell sehr gut vertreten.

Ein Grund dafür dürfte ihre Affinität für den Service public sein. Aber auch die historisch gewachsene Rolle der Partei: Im Bundesstaat waren die Katholisch-Konservativen während Jahrzehnten in der politischen Minderheit. Ihren Einfluss sicherten sie sich stattdessen in der Verwaltung. Als Kaderschmiede diente die Universität Freiburg, ein Machtzentrum der katholischen Schweiz. Noch heute haben viele der CVP-Spitzenleute dort studiert.