Auf Einladung der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach wurde im Zwinglihaus über die Minarettinitiative diskutiert. Entscheiden werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.
André Weyermann
Diskussionsleiter Donald Hasler ermunterte die Referenten zu einer sachlichen Diskussion, welche das Niveau von Fernsehsendungen wie «Arena» oder «Zischtigsclub» übersteige. Patrick Freudiger, Stadtrat von Langenthal, und Pfarrer Erich Huber aus Wangen bei Olten als Befürworter sowie Grenchens Stadtpräsident Boris Banga und der Religionswissenschafter Andreas Tunger-Zanetti als Gegner der Initiative beherzten diese Vorgabe im gut besuchten Saal weitgehend.
Ängste vor einer Parallelgesellschaft mit Sharia-Recht (Freudiger) und Befürchtungen, dass Minarette als Machtsymbol von extremistischen Gruppierungen missbraucht würden (Huber): Dies waren die Argumente der einen Seite. Dass Minarette auch mit dem geltenden Recht bekämpft werden könnten (Banga) und dass sich bei einer Annahme der Initiative erst recht radikalisierende Tendenzen breitmachen könnten (Tunger-Zanetti), konterte die andere Seite.
Handlungsbedarf
Kaum einer aus dem Publikum, der mit einer vorgefassten Meinung kam, wird diese wegen des Anlasses ändern und am 29. November anders stimmen. Aber immerhin: Der Abend hat aufgezeigt, dass in verschiedenster Hinsicht Handlungsbedarf angezeigt ist. Integration von Menschen wurde nämlich von allen Diskussionsteilnehmern als Ziel ihrer Haltung und ihres Handelns beschrieben. «Dank uns und unserer Initiative geschieht Integration», ist Patrick Freudiger überzeugt. Gläubigen Moslems genüge ein Gebetsraum. Minarette hingegen dienten als Machtsymbol. «Und was kommt danach?», befürchtet er eine schleichende Islamisierung.
Symbole können sich ändern
Andreas Tunger-Zanetti hingegen setzt auf den gesunden Menschenverstand. «Das Minarett wurde tatsächlich zu einem Symbol. Signale und Symbole können sich aber auch wandeln», äusserte er sich. In seinen Begegnungen mit Menschen muslimischen Glaubens habe er festgestellt, dass diese ganz andere Probleme beschäftigen würden als die Minarett-Frage. «Prediger, welche an den Menschen vorbeireden, sind in der Moschee genauso wenig gefragt wie in der christlichen Kirche», erklärte er weiter. Im Übrigen gebe es nicht einen Islam genauso wenig, wie es eine christliche Kirche gebe. Die Menschen islamischen Glaubens in der Schweiz würden sich an unsere Sitten halten müssen und dies auch tun, zeigte er sich überzeugt.
Dauerhafter Prozess
Die Initianten wollen ihren Vorstoss als Grundlage zu einer nach ihrer Meinung längst überfälligen Diskussion verstanden wissen. Diese sei im Gange und werde hoffentlich auch nach der Abstimmung nicht einfach auf Eis gelegt werden. Denn in einem zeigten sich Befürworter und Gegner einig: Zusammenleben vor allem auch mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen bedarf eines dauerhaften Prozesses und eines fortwährenden Dialogs.
Dieser sei auch notwendig, um Ängste vor einer Parallelgesellschaft oder gespürtes Unbehagen zu überwinden. Es werde sich lohnen, wie es sich schon immer gelohnt habe. Andreas Tunger-Zanetti wies am Schluss darauf hin, dass es ein grosses Verdienst der Schweiz sei, Andersdenkende und Kritisierende zu akzeptieren und in die Gemeinschaft zu integrieren.