Im Frühling hätte das Mütterzentrum seinen 20. Geburtstag feiern können – doch es kam anders. An einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung gab Präsidentin Franca Giani die Auflösung des Vereins bekannt. Grund: fehlende finanzielle Mittel.
Katharina Arni-Howald
Rund 25 Mütter waren im Tivolihaus erschienen, um von einer Institution Abschied zu nehmen, die zwar immer mit Geldproblemen zu kämpfen hatte, sich aber stets über Wasser halten und ihrer Idee treu bleiben konnte. Vor drei Jahren erst war man vom Grabacker ins umgebaute Tivolihaus an der Zuchwilerstrasse gezogen - voller Hoffnung, dass nun an alles besser werde. Kein Wunder, dass bei vielen Benutzerinnen die Tränen nicht zurückzuhalten waren, als Franca Giani das endgültige Aus verkündete.
Auch wenn die Gemeindepräsidentenkonferenz Unterleberberg «ohne Beschlusskompetenz ist, wird sie doch immer wichtiger». Der Vorsitzende des Gremiums, der Hubersdörfer Gemeindepräsident Andreas Rüegger, hob in seiner Begrüssung hervor, dass es immer wichtiger werde, gemeinsame Interessen zu bündeln und gegen aussen mit einer «Unterleberberger Stimme» aufzutreten. Nur so könne die Region Gewicht bei Planungen und Entscheidungen erhalten - keine Fusion zwar, aber gemeinsames Vorgehen. Unter diesen vielen gemeinsamen Interessen wurde an der Sitzung am Mittwoch beschlossen, die Erarbeitung eines regionalen Leitbildes gemeinsam anzugehen, dies als Vorstufe zu anstehenden Ortsplanungen. Trotz unterschiedlichem «Leidensdruck», unterschiedlicher Problemstellung im örtlichen Bereich und Ressourcenproblemen folgte die Konferenz einstimmig dem entsprechenden Antrag von Peter Kohler (Riedholz), «die notwendigen Module gemeinsam zu erarbeiten». Ebenfalls einig war man sich, die Koordination im kulturellen und sportlichen Bereich voranzutreiben. «Wir dürfen uns in den Dörfern doch nicht mit Anlässen an gleichen Daten konkurrenzieren», forderte François Emmenegger (Balm). Härter und weniger konziliant gingen die betroffenen Gemeindepräsidenten mit dem Ansinnen des Stiftungsrates des Alters- und Pflegeheims Lebern (neu Magnolienpark) zu Gericht, die Zahlungen für den Anbau seien jetzt auszulösen. Von «schlechtem Ton» und «Kaschieren der Wahrheit» war die Rede in Bezug auf den entsprechenden Brief. Riedholz und Flumenthal hätten zwar der Bezahlung zugestimmt, jedoch nur unter Vorbehalt, dass alle Gemeinden zahlten. Trotzdem seien die zwei Gemeinden im Brief unter den Zustimmenden aufgeführt, monierte Christoph Heiniger (Flumenthal). Noch klarer äusserte sich Rüegger: «Hubersdorf wird an seinem Entscheid festhalten und nicht bezahlen.» Das Ganze sei bei der Finanzierung falsch aufgegleist. Der unbestrittene Neubau sei vom finanziell gesunden Heim, wie ursprünglich vorgesehen, durch Fremdfinanzierung zu bestreiten. (nst)
Noch niemand hatte im Frühling geahnt, dass der Betrieb aus finanziellen Gründen bereits Ende Sommer reduziert werden musste und die Löhne nicht mehr bezahlt werden konnten. «Trotz intensivsten Bemühungen gingen keine Spenden mehr ein, und die Suche nach Sponsoren verlief ergebnislos», bedauerte Giani. Dies sei umso bedauerlicher, als das Mütterzentrum (Müze) nach wie vor rege besucht worden sei.
Pioniergeist im Touringhaus
Ungeachtet dieses unerfreulichen Endes ist das Müze eine Erfolgsgeschichte. Sie begann 1990 in einer 4-Zimmer-Wohnung im Touringhaus. Neun junge Frauen folgten damals dem Ruf von Françoise Kopf, die in Deutschland von derartigen Institutionen gehört hatte. Angesprochen waren Mütter, die Kontakt suchten, aber der Kinder wegen nicht arbeiten gehen wollten. Als Vorbild diente das damals einzige Mütterzentrum der Schweiz in Bern-Bethlehem.
Der Anfang war schwierig, denn die Frauen unterschrieben den Mietvertrag ohne einen Rappen Geld in der Tasche. Dank Privaten und verschiedenen sozialen Institutionen - darunter die Pro Juventute, die auf Anhieb 10 000 Franken beisteuerte - war das Unternehmen vorerst gerettet. Nach langem Hin und Her subventionierte auch die Stadt den Betrieb mit 25 000 Franken.
Auf Widerstand stiess vor allem eines der Hauptziele des Vereins, nämlich jeder Frau, die im Mütterzentrum durch eine Dienstleistung aktiv wurde, einen bescheidenen Lohn zu bezahlen. Der Gedanke, dass Frauen, die nicht berufstätig sind, Gratisarbeit leisten, sass tief in den Köpfen. Doch die Gründerfrauen beharrten darauf, dass «jede Arbeit eines Lohnes wert» ist, denn sie wussten, dass selbst das geringste Taschengeld das Selbstbewusstsein stärkt.
Bereits im Sommer des Gründungsjahres hatten rund 200 Erwachsene und ebenso viele Kinder das Zentrum besucht. Die Kaffeestunde am Morgen, der Mittagstisch und der Kinderhütedienst am Nachmittag kamen den Frauen entgegen. Und es dauerte nicht lange, wurden auch erste Kurse angeboten. Diesmal nach dem Motto: «Jede Frau hat ein Talent, das sie nutzen sollte.»
Hoffnung, dass alles besser wird
Ein neues Kapitel wurde 1993 mit dem Umzug ins Gewerbezentrum Grabacker aufgeschlagen. Zu diesem Zeitpunkt platzte die Wohnung im Touringhaus aus allen Nähten. Im selben Jahr übernahm auch die damals 39-jährige Franca Giani das Präsidium, brachte neuen Schwung ins Müze und setzte sich unermüdlich für die Beschaffung von finanziellen Mitteln ein.
Dass dies schliesslich nicht mehr gelang, bedauerte auch der Leiter Soziale Dienste, Urs Bentz, der das Müze durch Dick und Dünn begleitet hat: «Wir hofften, dass mit dem Umzug ins ‹Tivoli› alles besser wird, nun ist es anders gekommen.» Immerhin reicht das Geld aus, um alle offenen Rechnungen zu zahlen, auch die geschuldete Miete konnte beglichen werden. «Was mit der Schliessung verloren gegangen ist, wird sich wahrscheinlich erst im Nachhinein zeigen», sagt Giani.