Militär
Das Militär lässt weiterqualmen

Mit dem neuen Passivrauchgesetz hat der Bund den Rauchern den Kampf angesagt. Anders die Armee: Wie Recherchen zeigen, hat sie ihr Anti-Rauch-Projekt eingestellt.

Drucken
Rauchen Armee

Rauchen Armee

Keystone

Jessica Pfister

Am Montag war es wieder so weit: 8500 Soldaten rückten in die Winter-RS ein. Doch anders als im Winter 2007 und 2008 können sie qualmen, was das Zeug hält -
ohne dass es jemanden gross kümmert. Denn die Armee hat das Präventionsprogramm «Feuer einstellen», das seit Frühling 2007 rauchende Rekruten beim Ausstieg begleitet und unterstützt, eingestellt.

Zu wenig Teilnehmer

Dies bestätigt Franz Frey, Chef des Militärärztlichen Dienstes gegenüber dieser Zeitung. Die Gründe: «Einerseits entsprach die Zahl der freiwilligen Teilnehmer nicht unseren Vorstellungen und andererseits hat die Kampagne zu viele personelle Ressourcen gebunden», so Frey.

Initiant wusste von nichts

Überrascht über diesen Entscheid ist Christoph Karli, ehemaliger Chef des Militärärztlichen Dienstes und Initiant des Rauchstopp-Projekts. «Ich habe davon nicht gewusst und bin schon sehr verwundert», sagt der Arzt, der im November 2008 das VBS verliess und in die Privatwirtschaft wechselte. Dass mit der Einstellung des Projekts seine Arbeit von zwei Jahren bachab geht, ärgert ihn: «Vor allem, weil ich nach wie vor vom Erfolg der Raucherentwöhnung im Militär überzeugt bin.»

Update

Wirte wehren sich Die Wirte wollen das landesweite Rauchverbot ab 1. Mai 2010 nicht kampflos hinnehmen. Zu diesem Zweck gründeten einige Restaurantbesitzer am Mittwochabend in Wimmis BE die Interessengemeinschaft Freie Schweizer Wirte, wie die Nachrichtenagentur SDA berichtete. Im kommenden Januar will die IG eine eidgenössische Volksinitiative lancieren. Sie plädiert für die freie Wahl der Wirte, ob in ihrem Lokal geraucht werden darf oder nicht. (JEP)

Eine Studie, die Karli zusammen mit der Universität Basel im Jahr 2004 durchführte, ergab, dass 48 Prozent der Stellungspflichtigen rauchen. Bei einer Befragung zu den Rauchgewohnheiten zeigte sich die Hälfte von 2600 Befragten an einem Rauchstopp-Programm in der RS interessiert. Das war für den Arzt die Initialzündung, im Mai 2007 in der Rekrutenschule Aarau mit dem Projekt «Feuer einstellen» zu starten. Das Konzept: Rekruten werden mit Nikotinersatz wie Kaugummi oder Sprays behandelt und von Ärzten begleitet. «Es gab einen regelrechten Ansturm von freiwilligen Teilnehmern», sagt Karli und widerspricht damit den Aussagen von Frey.

Flächendeckend ausweiten

Und auch die erste Bilanz zeigte einen Erfolg: «Das Gros der Teilnehmer hatte entweder ganz mit dem Rauchen aufgehört oder den Konsum stark reduziert», so der ehemalige Militärarzt. Und so wurde das von der Armeespitze, dem Bundesamt für Gesundheit und der Lungenliga breit abgestützte Projekt ausgebaut. Nach Aarau folgten die Rekrutenschulen von Frauenfeld, Herisau, Thun, Airolo, Moudon und Payerne. Das Ziel im Frühling 2008 war klar: Das Projekt, das bis dahin keine zusätzlichen Kosten verursacht hatte, flächendeckend in allen Rekrutenschulen einzuführen. Damals sagte Gaby Zimmer, Chefin Kommunikation Logistikbasis der Armee, die Chancen dafür «stehen gut».

Dass nun doch alles anders gekommen ist, enttäuscht nicht nur Karli, sondern auch die Krebsliga Schweiz, die dem Arzt 2007 für das Rauchstopp-Programm einen Anerkennungspreis verliehen hatte: «Wir bedauern sehr, dass das Projekt eingestellt wird», sagt Ursula Zybach, Bereichsleiterin Prävention. Marcello Baumann von der Lungenliga Aargau kann den Entscheid ebenfalls nicht verstehen: «Die Armee wäre der ideale Ort für eine Präventionskampagne.»

«Nur in Pausen geraucht»

Der Vorwurf, dass die Armee gerade jetzt, da der Bund den Nichtraucherschutz verstärkt, die Prävention vernachlässigt, lässt Militärarzt Frey nicht gelten: «Die Armee misst der Suchtprävention grosse Bedeutung bei.» So dürfe in der Armee nur in klar definierten Pausen und im Freien geraucht werden. «Und falls jemand ausdrücklich eine Begleitung beim Rauchstopp wünscht, bieten wir diese nach wie vor auch an.»