Ex-CVP-Präsident Christophe Darbellay will in die Walliser Regierung. Doch nun tritt ein von SVP-Hardliner Oskar Freysinger aufgebotener CVPler gegen ihn an. Ein ganzer Kanton schüttelt den Kopf.
«Von aussen betrachtet, wirkt es wie ein Intrigantenstadl?», fragt Yannick Buttet zurück. «Von innen auch!» Was den CVP-Nationalrat derart empört, ist ein Vorgang, der selbst in seinem Heimatkanton Wallis – wo Politik seit je etwas anders funktioniert, sich Täler und Sprachregionen gegeneinander ausspielen und alte Seilschaften oft wichtiger sind als Positionen und Wahlkämpfe – Seltenheitswert hat: Dem früheren Präsidenten der CVP Schweiz, Christophe Darbellay, der im März in die Kantonsregierung einziehen möchte, erwächst völlig überraschend Konkurrenz aus der eigenen Partei. Nicolas Voide, der mehr als 20 Jahre im Grossen Rat politisierte, in der CVP Unterwallis jahrelang als Fraktionschef den Ton angab und seine Karriere 2015 mit dem Präsidium des Kantonsparlaments krönte, sagt Darbellay den Kampf an. Und: Der bullige Notar aus Martigny lässt sich ausgerechnet von SVP-Rechtsaussen und -Staatsrat Oskar Freysinger einspannen. Mit ihm und der Briger Gemeinderätin Sigrid Fischer-Willa kandidiert er in einer neuen rechtsbürgerlichen Allianz. Der «Walliser Bote» schrieb gestern von einem «veritablen Knall, der nachhallen könnte».
Strippenzieher Freysinger, der mit der SVP vor vier Jahren die absolute CVP-Mehrheit im Kanton brach, setzt auf die Destabilisierung des Feindes aus dessen eigener Mitte. Und auf eine Regelung in der Walliser Kantonsverfassung: Diese erlaubt pro Bezirk nur einen Staatsrat – und Voide und Darbellay kandidieren beide im Bezirk Martigny. Fischer-Willa ihrerseits tritt im gleichen Bezirk an wie die bisherige SP-Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten.
Er wolle der Bevölkerung eine echte Auswahl bieten, sagt Freysinger. «Sie kann einen Richtungsentscheid treffen: Will sie eine Regierung, die mit Darbellay noch weiter nach links abdriftet, oder eine Regierung, welche für die Schweizer Werte einsteht?» Um nichts weniger als die Verteidigung des Abendlands gehe es ihm, so der 56-Jährige, der seit Jahren regelmässig Seite an Seite mit Europas Extremisten auftritt. «Die Rückbesinnung auf unsere Grundwerte liegt europaweit im Trend. Denn sie allein hilft gegen die Islamisierung.»
Auch wenn das rechtsbürgerliche Bündnis in zwei Wochen ein ausführliches Regierungsprogramm vorstellen will: In Wahrheit kämpft es weniger für etwas als gegen Darbellay. Deshalb lästert Freysinger über seinen Konkurrenten, der im September Vater eines unehelich gezeugten Kindes wurde: «Diese Affäre haben ihm viele in der CVP nicht verziehen», sagt er. Und: «Ich bin seit bald drei Jahrzehnten glücklich mit meiner Frau zusammen und habe mit ihr drei Kinder.»
Der attackierte Darbellay erklärt sich das Manöver Freysingers mit dessen Angst, im März hinter ihm zu landen. «Er weiss: Wenn ich nur eine einzige Stimme mehr mache als er, werde ich sein Bildungsdepartement beanspruchen», so der 45-Jährige. Nach diversen Verfehlungen stehe Freysinger unter gewaltigem Druck. «Mithilfe Voides hofft er, seine Wählerbasis zu vergrössern.»
Was aber treibt den abtrünnigen CVPler Voide dazu, sich auf Freysingers Spielchen einzulassen? «In die Regierung einzuziehen, ist sein grosses Lebensziel», sagt Darbellay. «Die Parteibasis aber hat ihm wiederholt zu verstehen gegeben, nicht auf ihn zu setzen. Deshalb sieht er in mir nun einen Erzfeind.»
Voide selbst war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Nationalrat Buttet hält den 48-Jährigen für die CVP als nicht mehr tragbar. «Mit seiner wahnwitzigen Aktion hat er sich unmöglich gemacht.» Wahlchancen gegen Darbellay attestiert er Voide keine. Und doch: Der Flurschaden sei angerichtet.