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Schweiz
Der Kompromiss der Sozialpartner für die Reform der beruflichen Vorsorge habe schlechte Chancen, findet Gerhard Pfister. Die CVP will nun mit den Bürgerlichen eine neue Lösung finden . Die SP warnt davor, auch wegen der Folgen für das Rahmenabkommen mit der EU.
Sie ist die grösste Sorge der Schweizerinnen und Schweizer: Die Rente. Der Reformstau ist gross. Vor allem auch in der beruflichen Vorsorge. Die Pensionskassen leiden unter den Baby-Boomern, die in Rente gehen. Und unter den tiefen Zinsen. Die Rentenversprechen können nur deshalb eingehalten werden, weil die Pensionskassen die Sparguthaben der Erwerbstätigen anzapfen, um die Renten zu zahlen. 2018 wurden so rund 7 Milliarden Franken von Jung zu Alt umverteilt.
Der letzte Reformversuch scheiterte an der Stimmbevölkerung. Innenminister Alain Berset delegierte die Lösungssuche danach an die Sozialpartner. Tatsächlich: Die Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband schnürten einen Rentenkompromiss. Der Mindestumwandlungssatz soll von 6,8 Prozent auf 6 Prozent gesenkt werden. Das führt zu sinkenden Renten. Deshalb sollen die Erwerbstätigen mehr sparen. Und für jene Rentner, die vor der Pensionierung gibt es eine Kompensation. Kritiker sprechen von einer «Mini-AHV», weil dieser Umverteilungsmechanismus in der zweiten Säule ein Novum ist.
Alain Berset hat vor Weihnachten den Renten-Kompromiss in die Vernehmlassung geschickt. Bereits heute zeichnet sich aber ab: Er wird es im Parlament schwer haben. Wichtige Kreise aus der Wirtschaft lehnen ihn ab. Nebst dem Gewerbeverband etwa der Pensionskassenverband ASIP oder Scienindustries, der Verband der Chemie- und Pharmabranche. CVP-Präsident Gerhard Pfister sagt: «Das ist eine schlechte Voraussetzung für einen Kompromiss. Die Chancen im Parlament sind nicht sehr gross.» Es liege nun an der CVP, eine mehrheitsfähige Lösung zu erarbeiten.
Die CVP ist sowohl im Ständerat wie auch im Nationalrat die Mehrheitsmacherin. Pfister will eine möglichst breite Allianz schaffen für einen neue Lösung. Wie sie aussieht, lässt Pfister offen. Er will nun aber mit den anderen bürgerlichen Parteien ausloten, ob es einen Konsens gibt, der auch bei einem Referendum von Links bei der Stimmbevölkerung mehrheitsfähig ist. «Ich appelliere an die SVP Hand zu bieten für pragmatische Schritte, sonst zwingst sie uns zu einem Kompromiss mit den Linken», sagt Pfister.
Solche Töne hört man bei der SP ungern. Parteipräsident Christian Levrat zeigt sich «extrem beunruhigt». Die Bürgerlichen Parteien würden nichts weniger als die Sozialpartnerschaft in Frage stellen, einem wichtigen Pfeiler der Konkordanz-Demokratie. Die Linke ist nicht nur wegen der Kritik am Renten-Deal verärgert. Hinzukommt, dass der Ständerat in der Dezembersession die Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose gekürzt hat. Auch diese Vorlage entsprang einem Kompromiss der Sozialpartner. Der abtretende SP-Präsident Levrat spannt den Bogen zum Rahmenabkommen mit der EU. «Wir können von den Sozialpartnern nicht erwarten, dass sie eine Lösung bei den flankierenden Massnahmen finden, wenn die Bürgerlichen ihre Kompromisse bei der beruflichen Vorsorge und der Überbrückungsrente zurückweisen.»
Tatsächlich kamen von Pierre-Yves Maillard, Präsident des Gewerkschaftsbundes zuletzt versöhnliche Töne zum Rahmenabkommen. «Bei der Acht-Tage-Regel sind wir flexibel», sagte er in einem Interview mit dem «Blick». Es erschien just am Tag, an dem der Ständerat die Überbrückungsrente kürzte. Seither soll Maillards Kompromissbereitschaft wieder merklich gesunken sein.