Wirtschaft
Chefs langen in der Krise am kräftigsten zu

Die Wirtschaftskrise animiert Mitarbeiter von Firmen offenbar zu Straftaten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von PricewaterhouseCoopers. Erstaunlich: Selbst wenn die Täter überführt werden, behalten sie oft den Job.

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Martin Rupf

«Spätestens wenn der Buchhalter eines Morgens mit dem Lamborghini vorfährt, muss sich eine Firma fragen, ob es sich dabei um ein Geschäftsfahrzeug handelt, von dem sie gar nichts weiss.» Mit diesem Beispiel machte Rolf Schatzmann, Partner bei Pricewaterhouse Coopers (PWC), deutlich, dass Firmen die Signale von Wirtschaftskriminalität nicht ignorieren dürfen - was in der Realität aber allzu oft der Fall sei.

Schatzmann präsentierte gestern eine PWC-Studie, die der Frage nachgeht, welchen Einfluss die Finanzkrise auf die Wirtschaftskriminalität hat. Der Befund ist eindeutig: Die Krise begünstigt die Wirtschaftskriminalität und zwar weltweit.

129 Schweizer Firmen beteiligten sich an der PWC-Umfrage, die sich an 3000 Firmen auf der ganzen Welt richtete. 22 Unternehmen meldeten für den Zeitraum von Juni 2008 bis Juli 2009 mindestens einen Deliktsfall in der Höhe von durchschnittlich 1,5 Mio. Franken. Betroffen sind vor allem Firmen im Finanzdienstleistungs- und Versicherungssektor. PWC-Partner Gianfranco Mautone sieht zwei Gründe für dieses Ergebnis: «Einerseits zeichnet sich dieser Sektor durch viele leicht übertragbare Vermögenswerte und die Komplexität finanzieller Transaktionen aus.» Andererseits existierten in diesem Sektor stark ausgebaut Kontrollsysteme, welche die Aufdeckung der Delikte begünstigen würden.

Angst, der Bonus könnte ausbleiben

Bei den Vergehen handelt es sich laut Studie vor allem um Veruntreuung, Buchführungsdelikte, Geldwäscherei oder Korruption. Brisant: In der Schweiz werden 70 Prozent der Delikte vom mittleren und oberen Kader begangen. Verglichen mit früheren Studien ein deutlicher Anstieg. Als Hauptgründe für die Zunahme nennt Schatzmann den in der Krise erhöhten Leistungsdruck auf die Manager. «Es wird immer schwieriger Budget- und Gewinnziele zu erreichen. Weil Manager um ihren Bonus fürchten, bedienen sie sich unlauterer Methoden.»

In knapp der Hälfte aller Fälle würden die Delikte von internen Mitarbeitern begangen. Laut Studie erhielten aber nur etwas mehr als die Hälfte der Täter die Kündigung - nicht einmal ein Viertel wurde angezeigt. «Dabei wäre eine Null-Toleranz-Haltung der Firmen die beste Prävention, um potenzielle Täter abzuschrecken», sagte Mautone.

Finanzziele der Realität anpassen

Es sei erfreulich, so Schatzmann, dass über ein Drittel der Fälle dank internen Kontrollen aufgedeckt wurde. Weniger erfreulich: «Genauso viele Delikte kamen nur mit Zufall ans Licht.» Das zeige, dass die Dunkelziffer bei Wirtschaftsdelikten sehr gross sei, ist Mautone überzeugt. Der Wirtschaftsprüfer fordert: «Anstatt die Kontrollmechanismen wie letztes Jahr weiter abzubauen, müssen die Manager besser in die Kontrollen mit einbezogen werden.» Und: Die Finanzziele müssten an die Wirtschaftslage angepasst werden.