«Charon» soll mehr Pietät bringen

«Unwürdig, beschämend, peinlich» – so präsentiert sich die heutige Situation bei der Wohler Friedhofskirche für eine grosse Mehrheit des Einwohnerrats. Mit einem Neubau soll sich dies ändern. Trotz finanzieller Bedenken sagte der Rat Ja zum Planungskredit von 200 000 Franken.

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Friedhof Wohlen

Friedhof Wohlen

Jörg Baumann

Fabian Hägler

Update

Anbau statt Neubau? Peter Tanner und Urs Stäger (beide SVP) sprachen sich für einen Anbau ans bestehende Friedhofsgebäude aus. «3 Millionen müssen reichen für dieses Projekt, die 4,2 Millionen kommen vor dem Volk niemals durch», meinte Stäger. Tanner meinte, der momentane Zustand des Gebäudes werde viel schlechter dargestellt, als er sei. Andy Bächer (CVP) sprach sich gegen einen Anbau aus. «Das würde kaum Verbesserungen bringen», meinte er. Johannes Siebenmann (EVP) sagte gar, die effektiven Kosten wären bei einem Anbau höher. «Wir müssten auf vieles verzichten, es wäre ein Flickwerk», erklärte der reformierte Pfarrer. Siebenmann macht sich auch keine Sorgen, dass der Baukredit von 4,2 Mio. Fr. an der Urne scheitern könnte. «Das Projekt macht Freude, wir können darauf stolz sein», meinte er. (fh)

«Erschütternd, pietätlos, einfach schrecklich, wie in Wohlen die Angehörigen von Verstorbenen Abschied nehmen müssen» - für Ariane Gregor, Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission, war der Fall klar: Das neue Friedhofsgebäude ist dringend nötig.

Es gebe nur zwei Abschiedsräume, die Aufbahrungsräume seien mangelhaft gekühlt, der zu kleine Legalinspektionsraum schlecht eingerichtet und der Lift für den Transport der Särge sanierungsbedürftig, zählte Gregor einige Mängel auf.

Kosten: 4,2 statt 3 Mio. Fr.

Es gelte, mit einem Neubau des Friedhofgebäudes «endlich für einen würdigen Rahmen zu sorgen», erklärte Gemeinderätin Doris Becker. Sie räumte ein, die Bausumme für das Projekt «Charon», das in einem Architekturwettbewerb ausgewählt wurde, sei mit rund 4,2 Millionen Franken beachtlich. «Doch der Neubau biete echten Mehrwert und ist kein weiteres Flickwerk.»

Becker gab offen zu, dass dem Gemeinderat im Finanzplan ein Fehler unterlaufen sei. «Die Fraktionssprecher werden zu Recht darauf hinweisen, dass die Kosten dort noch mit 3 Millionen eingetragen sind.» Dieser Fehler sei unschön, sie habe den höheren Betrag auch übersehen, erklärte die Gemeinderätin.

Rat sieht Handlungsbedarf

Dass beim Friedhofsgebäude etwas geschehen muss, war in der folgenden Diskussion unbestritten. «Eine moderne Infrastruktur ist nötig, bisher gab es immer nur Minimallösungen», sagte Otto Erb im Namen der Fraktion FDP/Dorfteil Anglikon. «Seit mehr als 30 Jahren wurde die Erneuerung immer wieder verschoben», betonte Anna Keller (Grüne). Es sei beschämend, wenn Tote mangels Platz auswärts aufgebahrt würden.

Andy Bächer (CVP) erklärte, seine Partei stehe «trotz hohen Kosten» für das Projekt ein. Und sein Parteikollege Guido Benz, der die heutige Friedhofskirche als «Schandfleck» bezeichnete, führte aus: «Mit einem Neubau werden vernünftige Betriebsverhältnisse geschaffen.» Überdies seien die Mehrkosten für einen Neubau im Vergleich mit einer Sanierung eher gering.

Johannes Siebenmann (EVP) mahnte, das Geld dürfe nicht der einzige Faktor sein. «Der Friedhof ist ein sehr sensibler Ort, und die heutigen Zustände sind unwürdig», sagte er.

Warten auf Gesamtkonzept?

Auch Sandra Lehmann (Freis Wohle) anerkannte den Handlungsbedarf, sie wollte den Entscheid über den Projektierungskredit aber um ein Jahr verschieben. «Dann haben wir eine Prioritätenliste des Gemeinderats, das Immobilienmanagement ist eingeführt und ein Gesamtkonzept für sämtliche Gemeindeliegenschaften», blickte sie voraus. Erst mit diesen Informationen könne der Einwohnerrat beurteilen, «ob wir uns das Projekt überhaupt leisten können.»

Die grosse Mehrheit fällte den Entscheid aber schon am Montag: 24 Ja, 11 Nein und eine Enthaltung hiess das Resultat.