SVP-Bundesratskandidat Thomas Aeschi über die Nähe zu Christoph Blocher, seine Kuh in Toni Brunners Stall und die Zuger Tiefsteuerpolitik.
Es liegt nun an den anderen Parteien, mich einzuschätzen. Aber ich gehe mit einem guten Gefühl aus den Hearings hinaus.
Der 36-jährige Thomas Aeschi ist als ältester von drei Söhnen oberhalb von Zug aufgewachsen. 1998 erlangte er die Maturität Typus B. Im selben Jahr begann er ein Wirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen (mit Auslandssemestern in Malaysia und Israel), das er 2002 mit dem Lizenziat abschloss. Seit 2008 ist er Unternehmensberater für die Strategieberatungsfirma Strategy&. Aeschi ist ledig und wohnt in Baar. In der Armee bekleidet er den Rang eines Oberleutnants. Seine politische Karriere ist kurz: 2010 wurde er in den Zuger Kantonsrat gewählt. Seit 2011 gehört er dem Nationalrat an, wo er rasch Zugang zum Führungszirkel der SVP rund um Christoph Blocher fand.
Es ist klar, dass Nationalräte, die mit mir in einer Kommission sitzen, mich privat kaum kennen – um mehr über mich zu erfahren, müsste man mit Kanti-Kollegen oder Freunden reden. Allerdings halte ich es bewusst so, dass ich wenig Privates an die Öffentlichkeit dringen lasse.
Ich bin als Sohn einer Krankenschwester und eines Beraters aufgewachsen und habe zwei jüngere Brüder. Einer von ihnen ist Anwalt, der andere inzwischen auch Unternehmensberater. Wir lebten in einem 1000-Seelen-Dorf oberhalb von Zug, einer landwirtschaftlich geprägten Gemeinde. Ich war mit sechs bis zwölf Jahren oft zu Besuch auf einem Bauernhof, wo mein bester Schulkollege wohnte.
Am 9. Dezember wählt die Vereinigte Bundesversammlung die sieben Mitglieder der Landesregierung. Mit Doris Leuthard (CVP), Simonetta Sommaruga und Alain Berset (beide SP), Didier Burkhalter und Johann SchneiderAmmann (beide FDP) sowie Ueli Maurer (SVP) stellen sich sechs bisherige Bundesräte der Wiederwahl. Nach dem Rücktritt von BDP-Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erhebt die SVP Anspruch auf einen zweiten Sitz. Sie schlägt dem Plenum den Tessiner Norman Gobbi, den Zuger Thomas Aeschi und den Waadtländer Guy Parmelin vor. Die «Nordwestschweiz» lässt die drei Kandidaten in einer Interviewserie zu Wort kommen. Den Auftakt bestritt gestern der Tessiner Norman Gobbi. Lesen Sie morgen zum Abschluss der Serie das Interview mit Guy Parmelin.
Ein Unikollege? Wer war das?
Das würde mich interessieren, wer das war. Denn mein Stimmverhalten ist öffentlich. Es zeigt, dass ich mich immer im Sinne der Bauern entschieden habe. Die Landwirtschaft und das Gewerbe sind das Rückgrat der Schweiz. Es kommt nicht infrage, dass wir im Stabilisierungsprogramm bei den Bauern Abstriche machen. Im Gegensatz zu Ausgaben im Kulturbereich und für Entwicklungshilfe, die stets wuchsen, sind jene für Bauern und die Armee zurückgegangen.
Blocher-Adlatus Aeschi? Zur Sprache kam dieses Thema lediglich bei einer Fraktion, liess Aeschi am Dienstag im «TalkTäglich» verlauten:
Wir haben eine schwierige geografische Struktur. Bauern können hier nicht annähernd so effizient produzieren, wie das in Frankreich, den USA oder Brasilien möglich ist. Neulich habe ich im Wallis eine Bauernfamilie besucht. Deren Wohnzimmer ist ungeheizt, die Wände hatten Risse, ein altes Transistorradio und ein Kachelofen standen in einer Ecke. Jeden Morgen um halb sechs melkt der Bauer die Kühe auf dem Hof, dann fährt er von einer Alp zur nächsten, um die Rinder zu tränken. Er ist den ganzen Tag unterwegs, um nach seinen Kühen zu schauen. Eine arbeitsintensive Tätigkeit mit bescheidenem Lohn, der immerhin reichen muss, um sich selbst, seine Frau und drei Töchter zu ernähren.
Es gibt viele Möglichkeiten, zum Beispiel im IT-Bereich, wo die Verwaltung beim Insieme-Skandal über 100 Millionen Franken in den Sand setzte. Probleme gibt es auch bei der Ausgleichskasse in Genf, beim Bundesamt für Strassen und anderen IT-Projekten. Bei den Löhnen in der Verwaltung bin ich der Meinung, dass wir weder Teuerungsausgleich noch Reallohnerhöhungen zahlen sollten – zumal wir Nullteuerung haben. Zum Glück hat das der Bundesrat jetzt erkannt.
Der Finanzausgleich ist ein wichtiges Instrument, um den Zusammenhalt der Schweiz zu stärken. Ob er richtig zusammengesetzt ist und auch funktioniert, muss man im Rahmen des nächsten Wirksamkeitsberichts hinterfragen.
Ich habe sehr wohl eine Meinung dazu. Aber der Ball liegt jetzt beim Bundesrat.
Der Weg ist zu einem grossen Teil mit der Unternehmenssteuerreform III vorgespurt. Der Bundesrat schlägt vor, dass drei kantonale sowie zwei nationale Steuerregimes abgeschafft werden und im Gegenzug neue, international anerkannte Regimes eingeführt werden. Da stehe ich dazu – wobei wir einzelne Details noch anpassen wollen.
Die SVP ist klar dagegen.
Wir müssen zwischen Betrug und Hinterziehung unterscheiden. Letzteres ist ein Delikt, das beim Ausfüllen der Steuererklärung geschehen kann. Die meisten Schweizerinnen und Schweizer wissen nicht immer, wie sie etwas Bestimmtes deklarieren müssen. Ich beschäftige mich gerade mit der Frage, ob und wie ich die Kuh steuerlich angeben muss, die ich mir gekauft habe. Dass da Fehler entstehen, ist normal. Bloss soll niemand für einen Fehler derart bestraft werden, wie wenn er absichtlich Urkunden gefälscht hätte.
Weil ich als Kind viel Zeit auf einem Hof verbrachte, wollte ich gerne Bauer werden. Den Traum konnte ich mir nicht erfüllen – das Leben hatte es anders gewollt. Aber immerhin habe ich mir jetzt eine Kuh gekauft, die bald ein Kälblein zur Welt bringen wird.
Nein. Die Kuh ist im Stall von Toni Brunner.
Jetzt gerade nicht, weil sie trächtig ist. Aber nach der Geburt, wenn das Kalb keine Milch mehr trinkt, wird er sie melken. Ich zahle ihm auch etwas für den Unterhalt. Lulu isst viel.
Ja, den Namen habe ich ihr nicht selbst gegeben. Ich habe das Rindli ausgewählt, weil es mir gefiel. Erst nachher habe ich erfahren, wie es heisst.
Gerade am Samstag war ich da.
Nein. Ich bin vor Rapperswil auf die Autobahn und über die Pfnüselküste zurück nach Zug gefahren.
Nein. Ich durfte viel von ihm lernen. Als ich vor vier Jahren neu anfing, waren wir zusammen in der Finanzkommission. Er agierte strategisch. Denn er wusste jeweils, wie die anderen reagieren würden. Seit seinem Rücktritt tauschen wir uns seltener aus. Ich sehe ihn aber immer wieder an Sitzungen des Zentralvorstands und an Delegiertenversammlungen. Hie und da telefonieren wir auch.
Ich bin niemandem etwas schuldig. Ich fälle meine eigenen Entscheide. Überhaupt hat die Partei Hearings durchgeführt, um genau solche Abhängigkeiten zu prüfen.
Die SVP erhebt Anspruch auf einen der beiden lateinischen Sitze im Bundesrat. Sie sollen künftig nicht mehr nur der SP oder der FDP gehören. Wir streben diesen Wechsel an.
Die SVP wollte dem Parlament eine Auswahl bieten.
Es gehört zur Konkordanz, dass man die Parteimeinung einbringen kann. Dann wird diskutiert und verhandelt. Wenn Mehrheitsentscheide fallen, stelle ich mich selbstverständlich hinter die Haltung des Bundesrats.
Alle drei setzen sich für die Interessen der Schweiz ein. Also kann ich hinter jedem Kandidaten stehen.
Ich bin ein Schaffer und einer, der es gewohnt ist, schnell komplexe Situationen zu analysieren und Lösungsvorschläge zu präsentieren. Dazu kommt, dass ich wohl ein typischer Vertreter der jungen Generation bin – urban, mit ländlichen Wurzeln, der aber weit gereist ist.
Was Ueli Maurer im Bundesrat macht, kann ich nicht beurteilen. Mir geht es darum, Mehrheiten zu finden. Wenn Sie meine Arbeit in der Wirtschaftskommission anschauen, sehen Sie, dass wir mit den bürgerlichen Parteien viele Kompromisse geschmiedet haben.
Nein. Ich bin ein grosser Pragmatiker. Man kann nicht immer auf der Maximalforderung beharren. Aber es ist eine unterschiedliche Rolle, ob ich als Parlamentarier in der Legislative oder als Bundesrat in der Exekutive verhandle.
Das Interview mit dem Tessiner SVP-Bundesratskandidaten Norman Gobbi lesen Sie HIER.