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Der Strafbefehl gegen SVP-Kantonsrat Hermann Lei zeigt, wie er und der Informatiker Reto T. den Nationalbank-Präsidenten Hildebrand zu Fall brachten und wie sie mit Codenamen agierten. Blocher nannten sie «Vögeli», Hildebrand war «Dubach».
SVP-Politiker und Anwalt Hermann Lei und Informatiker Reto T.* brachten die Affäre um den Ex-Nationalbank-Chef Philipp Hildebrand ins Rollen. Eine Affäre, die Hildebrand das Amt kostete und Lei und Reto T. Strafklagen einbrachte. Aus dem Strafbefehl gegen Lei geht nun hervor, wie die beiden agierten.
Beiden war offen sehr klar, dass sie mit gefährlichem Material hantieren. Um die Identität der Akteure geheimzuhalten, gaben sie den Akteuren der Affäre Decknamen: Christoph Blocher nannten sie in ihrem E-Mail-Verkehr «Vögeli» oder «Chef», Hildebrand war «Dubach» oder «Kesselring». Dies zeigt der Strafbefehl gegen Lei, aus dem der «Tages-Anzeiger» zitiert.
Die Geschichte beginnt im November 2011. Reto T. besucht seinen alten Schulkollegen Hermann Lei in dessen Büro in Weinfelden TG. Der Computerspezialist, der für die Bank Sarasin in Zürich arbeitet, legt dem Thurgauer Anwalt und SVP-Kantonsrat drei Dokumente vor. In diesen sind Aktien- und Devisentransaktionen des SNB-Präsidenten belegt.
Lei und T. sind sich einig: Die Dokumente beweisen, dass Hildebrand sich sein Wissen als oberster Nationalbanker illegal zunutze machte, um mit Finanzgeschäften zu spekulieren.
Strafe von 16'500 Franken für Lei
Einen Monat lang bleiben die Couverts nun verschlossen bei Lei in der Kanzlei. Per Mail suchen die beiden nach einer Lösung und beschliessen, «Chef» Blocher um Rat fragen. An einem Samstagmorgen im Dezember fahren die beiden im Auto nach Herrliberg und zeigen Blocher die Ausdrucke.
«Dadurch verletzte Reto T. das ihm als Bankmitarbeitendem obliegende Bankgeheimnis»: So schreibt es Staatsanwalt Robert Braun im Strafbefehl gegen Lei. Lei habe als Gehilfen das Brechen des Geheimnisses «aktiv gefördert». Deswegen wird er vom Obergericht zu einer bedingten Geldbusse von 16500 Franken verurteilt. Dazu kommen eine Busse von 3300 Franken, Verfahrenskosten von 4900 Franken und eine Entschädigung an Hildebrand von 16'735.35 Franken. Lei hat gegen das Verdikt Rekurs eingereicht.
T. bekommt kalte Füsse
Nach dem Besuch bei Blocher, will Reto T. plötzlich nicht mehr. Er verlangt von Lei das Couvert zurück. Doch Anwalt Lei öffnet den Umschlag und kopiert die heiklen Dokumente. T. weiss von nichts. Lei scannt die Dokumente ein, bearbeitet sie und schickt sie als PDF an Christoph Blocher.
Nach einem weiteren Gespräch mit dem SVP-Übervater entscheidet Lei laut Strafbefehl, den Journalisten Urs Paul Engeler von der «Weltwoche» ins Spiel zu bringen.
Er versucht auch Reto T. zu überreden, Engeler zu kontaktieren - vergeblich. Auch während zweier späterer Spaziergänge in Frauenfeld TG lässt er sich nicht überzeugen. Also handelt Lei auf eigene Faust: Er informiert Engeler und mailt ihm seine bearbeiteten Scans. Die «Weltwoche» publiziert sie am 5. Januar 2012, vier Tage später tritt Hildebrand zurück.