Stimmrechtsalter 16
Bern: Kein Stimmrecht für 16-Jährige

16-Jährige dürfen im Kanton Bern weiterhin nicht wählen und abstimmen. Die entsprechende Änderung der Kantonsverfassung scheiterte gestern klar. Kein einziger Amtsbezirk sagte Ja.

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Stimmrechtsalter 16

Stimmrechtsalter 16

az Langenthaler Tagblatt

Bruno Utz

Nur 87 504 Bernerinnen und Berner legten gestern ein Ja in die Urne. Nein zur Verfassungsänderung, die das Stimmrecht von 18 auf 16 Jahre senken wollte, stimmten hingegen 265 554 Berner. Anders gesagt, die Vorlage erlitt mit einem Nein-Stimmenanteil von 75,2 Prozent Schiffbruch. In keinem der 26 Amtsbezirke siegten die Befürworter.

«Das Thema ist vom Tisch»

Vor zehn Jahren lancierte die damalige Grossrätin Evi Allemann (SP) ein erstes Mal erfolglos das Stimmrechtsalter 16 im Kanton Bern. Letztes Jahr scheiterte sie mit 61 gegen 107 Stimmen mit einer Parlamentarischen Initiative im Nationalrat. Dazwischen hat 2007 die Landsgemeinde Glarus das Stimmrechtsalter von 18 auf 16 gesenkt. In mehreren Kantonsparlamenten sind noch Vorstösse hängig.

Im Kanton Graubünden zogen die Initianten einer Volksinitiative ihr Begehren zurück, die Unterschriftensammlung verlief zu harzig. Mit einem Nein-Anteil von 72 Prozent lehnten die Basler Stimmberechtigten die Senkung im Februar ab. Und im Juni folgte der Kanton Uri mit praktisch dem gleichen Nein-Stimmenanteil. «Mit dem Berner Nein ist das Thema vom Tisch», bedauert Nationalrätin Evi Allemann.

Von den Gegnern habe sie praktisch die gleichen Argumente gehört, wie sie in den 1960er-Jahren die Gegner des Frauenstimmrechts vorgebracht hätten. «Das erzählten mir ältere Frauen.» Dem bernischen Pro-Komitee sei es aber gelungen, die politische Bildung der Jugendlichen ins Schaufenster zu stellen, lobt Allemann. (uz)

Mit 34,3 Prozent schnitten sie im Amtsbezirk Bern am besten ab, den Negativrekord aus ihrer Sicht fuhren sie mit 15,7 Prozent im Amtsbezirk Frutigen ein. Unter dem Mittel schnitten die Initianten unter anderem auch in den Ämtern Aarwangen, Burgdorf, Trachselwald und Wangen ab. Die Stimmbeteiligung betrug 50 Prozent.

Zu wenig mobilisiert

«Wir haben es nicht geschafft, unsere Leute für das Anliegen zu mobilisieren», kommentiert eine «enttäuschte» Nadine Masshardt (SP/Langenthal) die deutliche Abfuhr. Es sei dem Pro-Komitee offenbar nicht gelungen darzustellen, dass es richtig wäre, die Jugendlichen einzubinden, die gerne Mitbestimmung übernehmen und Verantwortung tragen möchten, sagt die Grossrätin, die mit einer vom Parlament überwiesenen Motion die Verfassungsänderung auf die politische Agenda gebracht hat.

Ihn überrasche das deutliche Resultat nicht, sagt Johannes Matyassy. Der Parteipräsident der FDP glaubt, die Stimmberechtigten hätten gemerkt, dass die Vorlage nicht konsistent gewesen sei.

«Eine Flasche Alkohol können Jugendliche erst als Volljährige mit 18 Jahren kaufen, über Milliardenkredite hätten sie aber bereits mit 16 mitentscheiden können. Aber sich in ein Amt wählen lassen, das wäre weiterhin nicht erlaubt gewesen. Das geht nicht auf. Ausser Spesen nichts gewesen», kommentiert Matyassy.

Zudem hätten die Befürworter praktisch keinen Abstimmungskampf geführt. «Sie beschäftigten sich hauptsächlich innerhalb ihres eigenen Kuchens», so Matyassy. Diesen Vorwurf weist Masshardt zurück. «Uns standen nur wenig finanzielle Mittel zur Verfügung. Damit holten wir das Maximum heraus.» Eine richtige Plakat-- und Inseratkampagne sei unmöglich gewesen.

«Dass wir Fehler gemacht haben, glaube ich nicht.» Davon ist Irene Marti Anliker, Präsident der SP Kanton Bern, überzeugt. «Mich haben viele der gegnerischen Argumente an die Auseinandersetzungen zur Einführung des Frauenstimmrechts erinnert», sagt sie.

Fingerzeig an die Initianten

Die sehr deutliche Ablehnung sei ein Fingerzeig an die Initianten, dass sie am Volk vorbei politisiert hätten, sagt der Langenthaler Stadtrat Patrick Freudiger (JSVP). «Das Nein ist zu recht ausgefallen, man kann nicht die Mündigkeit auf 18 Jahre festlegen und das Stimmrecht auf 16.» Freudiger betont jedoch, dass nun alle politischen Kräfte gefordert seien, mehr für die Integration der Jugendlichen in die Politik zu tun.

Er nennt die Ausweitung des Staatskundeunterrichts und die stärkere Gewichtung der Jungparteien. In die gleiche Richtung zielen auch die Jungfreisinnigen des Kantons Bern: «Wir fordern nun die stärkere Unterstützung von Jugendparlamenten und politischer Bildung an den Schulen», schreiben sie. Das müsse gelingen, sagt auch Nadine Masshardt: «Ich hoffe, wir konnten ein Zeichen setzen, dass die politische Bildung sehr wichtig ist.»