Kaum gegründet, tritt die Zürcher Sektion der Bauerngewerkschaft Uniterre auch schon mit einer ungewöhnlichen Aktion in Erscheinung. Mit dabei: Der Dietiker Biobauer und Grüne Gemeinderat Samuel Spahn.
Isabel Hempen
«Es ist mir unangenehm, aber hört bitte auf und nehmt die Setzlinge mit.» Samuel Spahn sagt es, ohne überzeugen zu wollen. «Ich erkläre hiermit die Veranstaltung für beendet», schiebt er nach. Doch einige der Leute sind anderer Meinung: Sie greifen sich eine Schaufel oder eine Gabel und beginnen zu graben.
Der Ort: ein brach liegendes Stück Land unweit der Hardturmruine in Zürich. Wem der Grund gehört, weiss von den Anwesenden niemand so genau, auch die Vertreter der Stadtpolizei Zürich nicht. Was die Polizei aber weiss: Den rund sechzig Personen um Spahn gehört er nicht. Und: «Im Zusammenhang mit der Benützung öffentlichen Grundes für Sonderzwecke braucht es eine Bewilligung», wie Polizeihauptmann Marcel Berchtold klarstellt. Eine solche wurde aber nicht eingeholt.
Weltweiter Bauernkampftag
Es ist der Nachmittag des 17.Aprils, welcher weltweit als ampftag der Bauern und Bäuerinnen gilt. Eine passende Gelegenheit für die heute aufmarschierte Gruppe, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Denn: Spahn ist einer der Initianten der kürzlich gegründeten Zürcher Sektion von Uniterre - eine bislang ausschliesslich in der Welschschweiz aktive Bauerngewerkschaft. Und da sich Uniterre energisch gegen die Überbauung und Zerstörung von Kulturland einsetzt, schien der internationale Bauernkampftag der richtige Zeitpunkt für die Zürcher Uniterre-Aktivisten und Sympathisanten, um mit einer ersten medienwirksamen Aktion auf sich aufmerksam zu machen. So sollte ein leer stehendes Stück Land symbolisch bepflanzt werden.
Vom Zürcher Landesmuseum laufen sie los Richtung Limmatplatz, mit dabei Mistgabeln und Spaten, ein Nuss- und ein Apfelbäumlein, Transparente und Schubkarren voll Tomatensetzlingen und Saatkartoffeln. Den Passanten und den etwas verdutzten Gästen der Strassencafés verteilen sie Äpfel und Flugblätter. Weiter geht es Richtung Escherwyss, gefolgt von einem Kastenwagen, die Polizei führt den Zug durch den dichten Verkehr. «Wir sind schon fast bewilligt», lacht einer.
Auf dem Zielgelände angekommen, nimmt Polizeihauptmann Berchtold Spahn zur Seite. Er habe Verständnis, der Umzug sei gesittet abgelaufen, er wolle sich dafür einsetzen, dass man ein Auge zudrücke. Im Gegenzug müssten die Uniterre-Leute unverrichteter Dinge abziehen. Es gehe ums Prinzip, um die Einhaltung der Rechtsordnung, sagt er.
«Ein lächerliches Ende»
Spahn fügt sich, fordert die Gewerkschafter zur Umkehr auf. Diese denken nicht daran. Auch Spahn ist nicht zufrieden: «Ein lächerliches Ende», beklagt er sich. Die Polizei schiesse mit Kanonen auf Spatzen. Doch Berchtold bleibt hart: «Wir hatten einen Deal. Ich sage einfach: Jetzt ist fertig.» Einer der Schaufelnden mischt sich aufgebracht ein: Man wolle der Stadt etwas schenken, ob es dazu eine Bewilligung brauche?
Tafeln statt Saatgut
Die Polizisten beraten, geben faktisch auf. Man könne ja nicht gut mit Gummischrot kommen, räumt Berchtold ein, das sei unverhältnismässig. Die Aktion wäre zudem mit Sicherheit bewilligt worden.
Die mehrheitlich jungen Leute graben derweil immer noch um. Statt Saatgut und Setzlingen stecken nun Tafeln in der Erde: «Keine Kartoffeln», «Kein Apfelbaum», «Pflanzen bei Busse polizeilich verboten!». Ob die Sache ein Nachspiel haben wird, ist unklar. Trotzdem findet Spahn, die «spontimässig» organisierte Aktion sei ein Erfolg gewesen, die Gewerkschafter hätten Willen bewiesen. Und: «Wir werden uns wieder melden.»
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