Seit Anfang Jahr gelten strengere CO2- Regeln. Für Gewerbe und Konsumenten könnte der Autokauf dadurch teuer werden.
Schweizerinnen und Schweizer Autos kaufen keine kleinen Autos: In ihren Garagen stehen (Allrad-)Fahrzeuge mit deutlich stärkeren Motoren als im Rest Europas. Dies hat Folgen für die Umwelt: Es gelangt mehr CO2 in die Luft als es die Vorgaben des Bundes zur CO2-Reduktion vorsehen.
Konkret heisst dies: 2018 stiessen neu zugelassene Autos im Schnitt 137 Gramm CO2 pro Kilometer aus – 7 Gramm mehr, als die vorgeschriebenen 130 Gramm. Als Konsequenz mussten die Importeure Bussen über 31 Mio. Franken bezahlen.
Doch nun kommt es noch teurer. Denn obwohl der 130-Gramm-Wert nicht eingehalten wurde, gilt seit Anfang 2020 ein viel tieferer Grenzwert: 95 Gramm pro Kilometer. Für Andreas Burgener, den Direktor des Autoimporteurverbandes, ist klar: Das wird noch viel höhere Strafzahlungen auslösen; gerechnet wird teils gar mit einem dreistelligen Millionenbetrag. «Am Ende bezahlt dies der Konsument», sagt Burgener.
Treffen könnten die Sanktionen ab diesem Jahr insbesondere das Gewerbe: Denn die leichten Nutzfahrzeuge, dazu gehören kleinere Lieferwagen, haben jetzt erstmals auch eine CO2-Vorgabe. 147 Gramm pro Kilometer und Fahrzeug sind es; 2018 lag der Ausstoss bei 183 Gramm.
Auch bei den Personenwagen trifft es die Importeure wohl härter als bereits befürchtet: Denn eigentlich war eine Übergangsregel für die ersten Jahre vorgesehen. So hätten 2020 nur 85 Prozent der Fahrzeugflotte die 95 Gramm erreichen müssen, 2021 dann 90 Prozent und 2022 95 Prozent. Voll gegolten hätte die Regel ab 2023. Inzwischen aber steht diese Regelung vor dem Aus.
Hinter den Kulissen plant der Bund eine Verschärfung, wie Informationen von CH Media zeigen: Bereits 2021 soll es keine Vergünstigung mehr geben; die Importeure müssten dann 100 Prozent erfüllen. «Die entsprechende Teilrevision der Verordnung ist in Arbeit und wird voraussichtlich im April 2020 in die Vernehmlassung gehen», heisst es beim Bundesamt für Energie. Die Verwaltung stützt sich dabei auf Vorgaben aus dem Ständerat. Dieser forderte im Dezember «eine beschleunigte Absenkung der CO2-Emissionen». Ohne ambitioniertes Ziel werde «keine ausreichende Absenkung erreicht», argumentierte der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller. Und selbst wenn der Bund nicht handeln würde: Auch das Parlament plant im neuen CO2-Gesetz ein Ende der Übergangsregel ab 2022.
Bei Auto-Schweiz-Direktor Burgener stossen diese Pläne auf keine Freude. «Wir akzeptieren die Vorgaben grundsätzlich», sagt er. Doch es sei kaum realistisch, diese vor 2025 zu erreichen. Denn einerseits sei es schwierig, den Markt zu steuern und Schweizer zum Kauf anderer Autos zu bewegen. Möglich ist dies durch Rabatte – oder indem die Importeure gewisse Modelle nicht mehr anbieten. Unter dem Strich sei letztlich jedoch vorwiegend der Technologiefortschritt ausschlaggebend. Da dauere es, bis neue Motoren entwickelt seien.
Kritik wird auch laut, weil sich die Schweiz selbst die EU-Vorgaben auferlegt hat. Dort aber muss der Wert über alle Länder gesehen erfüllt werden: Portugal, Griechenland oder Deutschland fallen unter eine Rechnung. Damit wird es für Deutschland, wo auch stärkere Motoren gekauft werden, einfacher, das 95-Gramm-Ziel zu erreichen als für die Schweiz. «De facto ist die Schweiz vier bis fünf Jahre schneller unterwegs als Länder wie Deutschland», sagt der Mobilitätsexperte Peter de Haan. Dies würde aus seiner Sicht dafür sprechen, die Übergangsregel beizubehalten. «Schneller kann man den Markt nicht erziehen. Die Massnahme ist hart genug.»
Anders sieht dies Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF. Ob die 95 Gramm erreicht werden oder nicht, haben aus seiner Sicht die Importeure selbst in der Hand. Massgebend sei, welche Produkte sie anbieten. «Je nach Verkaufsstrategie könnten viele Hersteller bereits heute unter der Marke zu liegen kommen.» Grossen Einfluss haben aus Hofstetters Sicht die Werbekampagnen. Dort hat er dann auch festgestellt, dass die Elektroautos zunehmend SUVs und 4x4 ablösen. Und die höheren Preise, die aufgrund der Bussen drohen? Hofstetter spricht von einem «Ermüdungseffekt»: «Auto Schweiz sagt uns seit Jahren, dass die Sanktionen Hunderte von Millionen betragen werden.» Bisher sei dies nicht eingetroffen.
Allerdings hat die schwer erreichbare 95-Gramm-Regel bereits Folgen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet hat: So hat das Bundesamt für Energie Tricksereien festgestellt, um die CO2-Bussen zu umgehen. Beispielsweise wurden Elektroautos importiert, nach kurzer Zeit aber wieder exportiert. Da Elektroautos beim Flottenausstoss doppelt abgezogen werden können, haben Importeure so nicht nur die CO2-Bilanz verbessert, sondern auch die Bussen gemindert.