Fall Lucie
Anita Chaaban: «Ich glaube nicht mehr an leere Versprechungen»

Die Mutter der Verwahrungsinitiative Anita Chaaban nimmt Stellung zum Bundesgerichtsurteil im Fall Lucie. Sie hält eine Signalwirkung des Urteils, welche dazu führt, dass lebenslange Verwahrungen seltener ausgesprochen werden, für möglich.

Isabelle Frühwirt
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Die Mutter der Verwahrungsinitiative Anita Chaaban ist empört über das Bundesgerichtsurteil im Fall Lucie.

Die Mutter der Verwahrungsinitiative Anita Chaaban ist empört über das Bundesgerichtsurteil im Fall Lucie.

Frau Chaaban, das Bundesgericht hat sich gegen eine lebenslange Verwahrung von Lucies Mörder Daniel H. ausgesprochen. Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich war wirklich schockiert. Hier wird der Volkswille schlicht nicht umgesetzt. Das ist absolut fatal.

Das Aargauer Obergericht befand, dass Daniel H. für die nächsten 20 Jahre nicht therapierbar sei. Für das Bundesgericht ist die Prognose nicht ausreichend, da sie nicht lebenslänglich sei. Das ist doch nachvollziehbar?
Nein, das ist unverständlich. Es reicht doch schon, wenn ein Gewalttäter auf lange Zeit nicht therapierbar ist. Ein anderes Gutachten kann man von den Gerichtspsychiatern auch nicht verlangen. Wie können sie wissen, ob es in 30 Jahren neue Therapiemöglichkeiten gibt? Deshalb haben wir in unserer Initiative festgehalten, dass die lebenslange Verwahrung überprüft werden kann, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.

Droht nun die Gefahr, dass Lucies Mörder bald freikommt?
Alle werden uns versprechen, dass er nicht auf freien Fuss gesetzt wird. Dieses Versprechen wurde dem Volk schon so oft gegeben und trotzdem kam es immer wieder zu Rückfällen von entlassenen Gewalt- und Sexualstraftätern. Ich glaube einfach nicht mehr an diese leeren Versprechungen.

Hat der Bundesgerichtsentscheid Signalwirkung?
Es kann sein, dass dadurch ein negativer Effekt entstehen wird. Lebenslange Verwahrungen könnten nun noch seltener ausgesprochen werden.

Sie haben noch zwei weitere Initiativen lanciert, die in Zusammenhang mit Straftätern stehen. Wie ist der Stand der Dinge?
Die Initiative für ein nationales Täterregister wird momentan in Bern geprüft. Die andere Initiative fordert die persönliche Haftbarkeit von Leuten, die in Zusammenhang mit Haftentlassungen von Straftätern Fehlentscheidungen getroffen haben. Auch sie wird nun von den Bundesbehörden überprüft.