So will die SVP mit ihrer Initiative «Gegen Masseneinwanderung» die Zuwanderung aus der EU beschränken. Die Nordwestschweiz stellt die acht wichtigsten Fragen und gibt die Antworten.
Der Abstimmungskampf zur Masseneinwanderungsinitiative ist schon in vollem Gange. Wir liefern die wichtigsten Fragen und Antworten zur SVP-Initiative, über die wir am 9. Februar abstimmen.
Die SVP will das Abkommen zur Personenfreizügigkeit mit der EU neu verhandeln. Die Schweiz soll die Einwanderung wieder selbst steuern. Dazu werden Höchstzahlen und Kontingente für Ausländer eingeführt, die auch Grenzgänger und Asylbewerber miteinbeziehen. Wer in die Schweiz kommen will, muss zwingend ein Stellenangebot vorweisen können. Heute darf auch einreisen, wer nur auf der Suche nach einem Job ist.
Laut der Initiative müssen Ausländer auch ihre Integrationsfähigkeit beweisen und über eine ausreichende, eigenständige Existenzgrundlage verfügen. Sie haben keinen Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt, Familiennachzug und umfassende Sozialleistungen. Die Initiative wolle aber keinen generellen Stopp der Zuwanderung oder eine Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU, sagt SVP-Präsident Toni Brunner.
Die Initianten beziehen sich auf Zahlen des Bundesamts für Migration und sprechen daher von einem Zuwanderungssaldo von 80 000 Personen. Darin sind jedoch auch Kurzaufenthalter und Asylbewerber eingerechnet. Zudem bezieht die Zahl auch die Statusübertritte, beispielsweise von Kurz- zu Langzeitaufenthalter, ein.
Laut dem Bundesamt für Statistik, das nur die ständige Wohnbevölkerung untersucht, betrug der Zuwanderungssaldo 2012 rund 51 000 Personen. Davon kommen knapp 42 000 Einwanderer aus der EU. Diese Personen plus die Angehörigen von den Efta-Ländern Norwegen, Island und Liechtenstein, wären von der Initiative betroffen.
Das ist unklar. Der Initiativtext gibt lediglich vor, dass bei der Festlegung der jährlichen Kontingente die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz zu berücksichtigen sind. Sind die Kontingente für ein Jahr ausgeschöpft, dürfen keine Ausländer mehr in die Schweiz kommen – auch nicht, wenn sie hier eine Stelle gefunden hätten. Zudem legt der Initiativtext fest, dass die Arbeitgeber Schweizer bevorzugt einstellen müssen. Weitere Einzelheiten seien auf Gesetzesebene zu regeln.
Die Initiativgegner befürchten, dass sowohl niedrig qualifizierte wie auch hoch qualifizierte Arbeitskräfte fehlen würden. Darunter könnte jede Branche leiden – von der Landwirtschaft bis zur Pharmaindustrie. Zudem beklagen sie den zusätzlichen Bürokratieaufwand für die Berechnung und Zuteilung der Kontingente. Für die Beschäftigung ausländischer Arbeiter müssten sie zudem Gesuche stellen.
Die SVP fordert vom Bundesrat eine Neuverhandlung der Personenfreizügigkeit mit der EU. Der Initiativtext besagt, dass dies innerhalb von drei Jahren geschehen muss. Das Gleiche gälte auch für andere völkerrechtliche Verträge, die dem Verfassungsartikel widersprechen. Für die Gegner ist aber klar, dass sich die EU auf eine Nachverhandlung, welche die Personenfreizügigkeit einschränken soll, nicht einlassen wird. Was dann passiert, ist offen. Die Initiative schreibt dem Bundesrat nicht vor, das Abkommen zu kündigen.
Die Personenfreizügigkeit ist eines von sieben Dossiers der bilateralen Verträge I. Bei der Kündigung eines Vertrages wie beispielsweise der Personenfreizügigkeit greift automatisch die Guillotine-Klausel. Diese setzt auch die anderen sechs Verträge ausser Kraft. Die Gegner befürchten, dass die Schweiz zur Bittstellerin würde, was sie in eine schwache Verhandlungsposition brächte. Die Initianten sind aber überzeugt, dass die EU ein zu grosses Interesse an den anderen Verträgen hat, als dass sie diese kündigen würde.
Der Bundesrat kann die Ventilklausel anrufen, um die Zuwanderung zu begrenzen, was er in diesem Frühling getan hat. Für die betroffenen Länder gilt für einen Zeitraum von drei Monaten jeweils ein Kontingent. Ist dieses ausgeschöpft, dürfen keine Ausländer mehr einwandern. Die Ventilklausel ist aber nur eine Übergangsbestimmung bis zur vollen Personenfreizügigkeit; sie gilt noch bis im Juni 2014 und ist nicht verlängerbar.
Bis vor kurzem kämpfte die SVP alleine für ihre Initiative. Nun erhält sie Unterstützung von Thomas Minder, parteiloser Schaffhauser Ständerat und Vater der Abzockerinitiative. Alle anderen grossen Parteien, die Kantone, der Bundesrat sowie Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften lehnen die Initiative ab.