Startseite
Schweiz
Gespannt wartet die Schweiz jeweils auf die neuesten Corona-Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Diese widerspiegeln die Realität jedoch überhaupt nicht.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat am Mittwochnachmittag die neuesten Infektionszahlen zum Coronavirus herausgegeben. Demnach wurden in der Schweiz bisher 3028 Personen positiv getestet.
#CoronaInfoCH #Coronavirus
— BAG – OFSP – UFSP (@BAG_OFSP_UFSP) March 18, 2020
18.03 Aktueller Stand sind 3028 positiv getestete Fälle. Davon sind 2772 Fälle bestätigt und bei 256 Fällen ist nach einem ersten positiven Resultat die Bestätigung noch ausstehend. https://t.co/rriRySmvPK pic.twitter.com/k15Qq0vraL
In der Schweiz haben sich jedoch bereits viel mehr Menschen mit dem neuen Coronavirus infiziert als die angegebenen 3028 Personen. Wie viele das sind, ist derzeit nicht zu sagen. Betreffend den Infektionszahlen befinden wir uns – und die meisten anderen Ländern auch – auf einem Blindflug.
Das hat unter anderem folgende 4 Gründe:
Wenn ein Arzt einen positiven Coronavirus-Test macht, dann ist er dazu verpflichtet, diesen zu melden. Und zwar per Fax innert 24 Stunden, wie es auf dem BAG-Meldeformular für Ärzte heisst.
Dass die Übermittlung von Krankheitsfällen per Fax nicht effizient sei, habe bereits im Jahr 2012 eine externe Evaluation ergeben, schreibt der Tagesanzeiger. Die Autoren des Instituts Infras schrieben demnach von einer «Schwachstelle im Hinblick auf die Datenqualität».
Dennoch wurde bisher kein Online-System implementiert, das einheitlich genutzt wird. Durch das Meldesystem entstehen also erhebliche Verzögerungen. In Bern müssen die Fax-Nachrichten aus allen Teilen der Schweiz erst noch gesammelt und eingetragen werden, ehe sie in den offiziellen Zahlen erscheinen. Weitere Verzögerungen entstehen dadurch, dass es derzeit mindestens 24 Stunden dauert, bis nach einem Test ein Ergebnis vorliegt.
In der Schweiz werden längst nicht alle Personen getestet, die einen Corona-Verdacht haben. Momentan reichen die Kapazitäten nicht aus, um alle Menschen mit Symptomen zu testen. Durchgeführt wird ein Test in der Regel erst dann, wenn der Verdachtsfall möglicherweise im Spital behandelt werden muss oder in der Pflege tätig ist. Da die Covid-19-Erkrankung in bis zu 80 Prozent der Fälle milde verläuft, wird derzeit ein Grossteil der Verdachtsfälle gar nicht erst getestet.
Von Sonntag auf Montag wurden laut Daniel Koch, Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten beim BAG, 2250 Tests durchgeführt. Man arbeite nun daran, die Test-Kapazitäten auszubauen.
Wie Daniel Koch an einer Medienkonferenz am Dienstag durchblicken liess, steckt man beim BAG Hals über Kopf in der Arbeit. Man kommt mit dem Erfassen der Corona-Fälle gar nicht mehr nach. «Im Moment ist der Anstieg einfach so schnell, dass wir die Daten nicht alle erfassen können», so Koch. Der Bund versuche «mit Volldampf», den Rückstand aufzuholen. Der Fakt, dass es einen Rückstand gebe, sage viel über den Ernst der Situation aus.
Hinzu kommt, dass die Kantone verschiedene Modelle zum Ausweiten der Tests erarbeiten. Dies wird nicht zentral durch das BAG gesteuert. Laut Koch ist dies nicht zu verhindern: «Die Kantone sind die Vollzugsorgane, sie haben die Freiheit dazu.»
Die Inkubationszeit – der Zeitraum zwischen Infektion und dem Beginn von Symptomen – beträgt nach derzeitigem Wissensstand meist 2 bis 14 Tage. Heisst: Wenn du dich heute infizierst, kann es sein, dass du erst in zehn Tagen oder noch später Fieber verspürst. Viele Personen sind derzeit infiziert, wissen es aber gar nicht.
Zudem existieren auch Personen, die sich zwar infiziert haben, aber gar keine Symptome zeigen. Alle diese Corona-Fälle tauchen in den Zahlen des BAG ebenfalls nicht auf, können aber trotzdem andere Menschen anstecken.