Auf 25 Kilometern erhält die Aare zwischen Thun und Bern mehr Raum. In 18 Gemeinden sind 25 Massnahmen vorgesehen. Deren Kosten schätzt der Kanton auf 108 Millionen Franken.
Bruno Utz
«Vergangene Woche haben die 18 betroffenen Gemeinden einstimmig die öffentliche Auflage des Jahrhundertprojektes ‹aarewasser› beschlossen», sagte gestern in Bern Baudirektorin Barbara Egger (SP) mit sichtlichem Stolz. «Aarewasser» ist bereits als Projekt gewichtig: Die Pläne, diverse Berichte und fünf weitere Ordner wiegen 15 Kilogramm. Die in der Mitwirkung erhobenen Forderungen seien weitestgehend erfüllt. «An der Grundidee des Projekts hat sich nichts geändert: Die Aare soll mehr Raum erhalten», so Egger. Als Ziele nannte sie: den Hochwasserschutz verbessern; die Trinkwasserversorgung langfristig sichern; das attraktive Naherhohlungsgebiet erhalten und den Aareraum ökologisch aufwerten.
Auen und Inseln
Gemäss Projektleiter Adrian Fahrni ist es nicht möglich, die früher durchgehende Auenlandschaft zwischen Thun und Bern wieder herzustellen. «Aber wir wollen dort den Aareraum weitgehend naturnah gestalten.» Dafür seien auf der 25 Kilometer langen Flussstrecke 25 Massnahmen geplant. Die Aare werde an mehreren Orten verbreitert. «Der Fluss wird sich einen Teil seines ursprünglichen Raums zurückerobern.» So entstünden dynamische Auenlandschaften, neue Flussläufe und Inseln. Auch werde sichergestellt, dass der Kieseintrag aus den Zuflüssen wieder ansteigt. «Die Kieselsteine stabilisieren die Aaresohle.» Das sei nötig zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung für mehrere hunderttausend Menschen im Einzugsgebiet.
40 Hektaren mehr Wasserfläche
Fahrni zeigte auf, dass die Wasserfläche der Aare um 40 Hektaren auf 200 Hektaren zunehmen wird. Und die heute nicht mehr vorhandenen Auenwälder könnten sich einmal auf 40 Hektaren ausbreiten. «Lieferanten» dieser neuen Wasser- und Auenflächen seien der Wald und die Landwirtschaft.
Der Aareraum werde den Menschen weiterhin als Naherholungs- und Freizeitareal zur Verfügung stehen. «Die Leute können Spazieren, Bräteln, Schwimmen, aber nicht überall», so Fahrni. Mit Info-Tafeln würden die Besucherinnen und Besucher gelenkt. Und es gälten klare Spielregeln, so etwa die Pflicht, Hunde an die Leine zu nehmen und die Wege nicht zu verlassen.
Lediglich Kostenschätzungen
Die Kosten für die 25 Renaturierungsmassnahmen werden laut Egger auf 78 Millionen Franken geschätzt. Dazu kommen weitere 30 Millionen für den Erneuerungsunterhalt wie Dämme und Uferverbauungen reparieren auf den insgesamt rund zehn Kilometer langen Abschnitten, die nicht ökologisch aufgewertet werden. Egger betonte, die total 108 Millionen Franken seien eine Schätzung. «Was wissen wir, was in 25 Jahren sein wird», erklärte Egger und verwies auf die so lange dauernde Realisierungszeit.
«Ich bin aber klar der Meinung, dass sich diese Investition auszahlt, auch ökonomisch. Dank den flachen, naturnah gestalteten Ufern spare der Kanton beträchtliche Summen an Unterhaltskosten. Zudem würden Gebäude und Anlagen wie der Flughafen Bern-Belp und die Autobahn A6 vor Hochwasserschäden geschützt. Kaum bezifferbar sei der Nutzen, den das Projekt für die Naherholung und die Natur bringe. Egger: «Die attraktive Aarelandschaft wertet des ganze Aaretal als Wohn- und Lebensstandort auf.»
So gehts weiter
Nach der 30 Tage dauernden öffentlichen Auflage sollte Mitte 2010 der kantonale Wasserbauplan vorliegen. 2011 ist der Grosse Rat mit dem Rahmenkredit an der Reihe. Die erste Bauetappe ist im Winterhalbjahr 2011/12 geplant. Der Abschluss soll in 25 Jahren sein. Der Kanton bevorschusst das Projekt. Gelder sollen auch vom Bund und von den Gemeinden fliessen. Letztere müssen vermutlich insgesamt zwischen 15 bis 25 Millionen Franken übernehmen.