U20 oder Ü50? Was nach Fussball tönt, ist im Zirkus Conelli dieses Jahr Programm: Alt und Jung unter der Zirkuskuppel. «Generations» ist auch ein Thema bei den Zirkusfamilien.
Bernadette Reichlin
Am Anfang gab es stehenden Applaus. Er galt dem schwer kranken Direktor und Conelli-Mitbegründer Herbi Lips, der es sich nicht nehmen liess - im Rollstuhl zwar - die prominenten Premierengäste zu begrüssen. So zum Beispiel alt Bundesrat Christoph Blocher und der Zürcher Stadtrat samt Stadtpräsidentin Corine Mauch.
Auch dieses Jahr haben die Zirkusveranstalter - seit dem Tod von Conny Gasser zeichnet die jüngere Garde um Roby Gasser verantwortlich - ein Programm auf die Beine gestellt, in dem sich all das spiegelt, was Conelli einzigartig macht: Die Mischung zwischen Komik und Poesie, zwischen Weihnachtswunderland und hochstehender Artistik, wo sich ein blutjunger Kontorsionist zu den Liedern der Jacobs Gospel Singers so verrenkt, dass einem nebst Faszination auch ein leichtes Schaudern befällt.
15 Jahre alt ist dieser Alexey Goloborodko aus Russland, der begleitet wird von der noch um ein Jahr jüngeren chinesischen Handstandakrobatin Miao Qiaoqiao. Am anderen Ende der Altersskala steht der 77-jährige Koma Zuru, der eine uralte japanische Zirkusnummer mit Kreiseln zeigt.
Ohne Altersbegrenzung
Wie ein roter Faden zieht sich das Motto «Generations» durch die Show. Wobei die Unterteilung in U20 - unter 20-Jährige - vor der Pause und Ü50 im zweiten Teil nur dem Clownduo Gaston und Roli - Kopfzerbrechen bereitet. Dass sie sich entschlossen, trotz Altersunterschied den Abend zusammen zu bestreiten - und mit Nadja Gasser noch eine «Mittelalterliche» ins Team zu nehmen -, wurde vom Publikum mehr als nur goutiert. Vor allem die Zaubernummer ist umwerfend komisch, für alle Altersstufen.
Ob es nun ein verliebter Marienkäfer ist, der einen vier Meter hohen Schmetterling anschmachtet, ob einer etwas älteren Seilartistin und ihrem ergrauter Partner ein junger, übermütiger Hund die ganze Schau stiehlt, die bewährte Conelli-Mischung von Können und Komik ist an keine Altersgrenze gebunden. Ehemalige Spitzenkunstturner, die «Seaworld», bewegen sich in der Manege so schwerelos wie im Wasser und eine quirlige Akrobatiktruppe setzt sich mit Lassokünsten in Szene.
Nicht nur optisch fällt das Tanzensemble auf, werden doch die jungen Damen im zweiten Teil des Programms von gestandenen Tänzerinnen abgelöst, die alle die Ü(ber)-50-Grenze überschritten haben. Die Älteste ist 63. Mit dabei ist auch Cindy Gasser. Sonst für die Choreografien zuständig, wagt sich die ehemalige Las-Vegas-Showtänzerin noch einmal in die Manege. Und das Publikum war begeistert von diesen Golden-Age-Girls. Sie sind der schönste Beweis, dass Zirkusluft jung erhält - und hoffentlich auch Heilkräfte hat. Herbi Lips wäre es zu gönnen.