Die Vorwürfe gegen das Aarburger Chinderhuus sind massiv. Es ist von Zwangsernährung der Kleinen und Schlägen die Rede. Die Leitung dementiert die Vorwürfe.
Maja Sommerhalder
«Die wollen bloss unseren Ruf ruinieren», sagt Sandra Kaiser. Die Vizeleiterin steht in einem grossen Raum des Chinderhuus Aarburg. Alles wirkt gepflegt, etwa 45 Kinder zwischen zwölf Monaten und zwölf Jahren tollen herum. Die anwesenden Eltern können es kaum glauben, was der Leitung der privaten Kinderkrippe alles vorgeworfen wird. Tatsächlich ist die Kritik massiv. Ehemalige Mitarbeiterinnen bemängeln laut dem «Tages-Anzeiger», dass die Leiterin nur unerfahrene Praktikantinnen einstellt. Über Mittag seien manchmal 50 Kinder unter Aufsicht einer einzigen Person. Bis vor kurzem sei zu wenig Platz zur Verfügung gestanden. Weiter würden die Chefin und ihre kochende Schwester unwirsch mit den Betreuerinnen und den Kindern umgehen, die sie je nach Herkunft offen bevorzugten oder benachteiligten. Zudem war von Zwangsfütterung der Kleinen und von Schlägen die Rede. Eine Mutter sagte auch gegenüber Radio Argovia, dass ihr Kind in der Krippe zwangsgefüttert worden war.
Genügend Räume
«Das ist alles nicht wahr», sagt Chinderhuus-Vizeleiterin Kaiser und betont: «Bei uns werden die Kinder gut behandelt und es gibt es keine Zwangsfütterung. Auch gibt es keine Schläge.» Es würden genügend Betreuungspersonen und Platz zur Verfügung stehen. Seit eineinhalb Jahren gebe es drei Räume für die Kinder, die je 100 Quadratmeter gross sind. Kaiser bestätigt, dass derzeit fünf Praktikantinnen in der Krippe arbeiten. Fest angestellt sind zwei Hausfrauen und eine Person, die jedoch keine entsprechende Fachausbildung absolvierte. Kaiser selbst ist gelernte Krankenschwester. Nur die Krippenleiterin Ruth König hat eine Ausbildung als Kleinkinderbetreuerin gemacht, als diese noch zwei Jahre dauerte. Auf eine Weiterbildung hat sie aus Kostengründen verzichtet. «Wir suchen derzeit Fachpersonal, was gar nicht so einfach ist», so Kaiser. Zudem werde ein Betriebskonzept ausgearbeitet und in Zukunft sollen Lehrlinge ausgebildet werden.
Zu wenig Fachpersonal
Dass das Chinderhuus mehr Fachleute anstellen sollte, findet auch die Fachstelle Kinder und Familie in Baden. Diese überprüfte nämlich die Krippe im Auftrag der Gemeinde Aarburg, wie der stellvertretende Gemeindeschreiber Urs Wicki bestätigt: «Im letzten November wandten sich ehemalige Praktikanten an uns und bemängelten die Sicherheit und die Beaufsichtigung der Kinder.» Von Schlägen und Zwangsernährung sei jedoch nie die Rede gewesen. Derartiges habe auch die Fachstelle Kinder und Familie nicht festgestellt. «Sie bemängelt aber neben der Personalpolitik das Sicherheits- und Hygienekonzept», so Wicki und betont: «In der Krippe herrschen keine desolaten Zustände. Wir werden aber in nächster Zeit mit der Krippenleitung zusammensitzen und die Kritikpunkte anschauen.»
Keine Richtlinien für Kinderkrippen
Im Aargau sind die Gemeinden für die Zulassung und Qualitätssicherung von Krippen zuständig. Der Kanton sei unter den grösseren Schweizer Kantonen «der einzige», der keine «ernstzunehmende Bewilligungs- und Aufsichtsverfahren» habe, sagt Ulla Grob-Menges, Geschäftsführerin des Verbands Kindertagesstätten der Schweiz, gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Selbst Personen ohne jegliche Fachausbildung hätten heute Chancen auf eine Bewilligung.
Tatsächlich hat der Kanton bisher keine klaren Richtlinien erlassen. Der Aargau stützt sich immer noch auf die unpräzise Verordnung über die Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption von 1977. Dies wird sich jedoch voraussichtlich ändern, wie Balz Bruder vom kantonalen Departement Gesundheit und Soziales sagt: «Im Rahmen der Teilrevision des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes sollen ab dem Schuljahr 2012/13 neue Qualitätsstandards in der familienergänzenden Kinderbetreuung gelten.» Dabei gehe es auch um die Qualifikationen der Mitarbeitenden in den entsprechenden Einrichtungen, so Balz Bruder.