Bei so genannten Südwestlagen – wie in dieser Woche – kann wettermässig viel passieren.Toll, als Meteorologe in solche Waschküchen zu blicken! Sofern man dann die Häme abperlen lassen kann,weil man sich häufig irrt.
MAX DOHNER
Gott kennt alle Wolken, misst jeden Sonnenstrahl, zählt jeden Tropfen. Gott allein weiss, wie viele Vorhersagen von uns Sterblichen stimmen zu seinem Wetter. Und wie viele falsch sind. In den letzten dreissig Tagen waren es gefühlte hundert. Einfach deshalb, weil innerhalb jeden Tages das Wetter noch dreimal umschlagen konnte.
Die Berufswetterfrösche setzten sich darum vor der Kamera gern ohne Schutz dem Regen aus. Da es schon Reklamationen hagelte wegen ihrer Falschprognosen, sollten wenigstens die nasse, auf den Schädel geklatschte Frisur und die triefenden Augenbrauen von «SF Meteo»-Mann Felix Blumer etwas Mitleid heischen. Einer von Natur aus übellaunigen Nation in launischer Südwestlage das Wetter vorherzusagen, ist ein volatiler Job. Statt Wetterfrosch ist man der begossene Pudel.
Unsere Wetterprofis waren in diesen Tagen, nach langer Tapferkeit, am Ende. Fast so melancholisch wie ihre irischen Kollegen. In Irland verkünden Meteorologen, vor einer Kartenkulisse mit den immer gleichen Symbolen - Wölkchen, Tropfen, Sünneli -, während endloser Wochen das immer Gleiche: «Drizzlin' rain and some sunny spots.» Die Experten wissen, dass jeder Laie das genau so prophezeien könnte, ohne den Blick vom Guinnessglas zu heben: «Nieselregen mit einigen sonnigen Flecken» - das ist immer.
Beinahe so wie jetzt, in der Schweiz, bei «Südwestlagen». Wir hatten gewissermassen irisches Wetter, freilich mit Phasen, die uns vorkamen, als sei die Masoala-Halle des Zürcher Zoos übers Mittelland gewölbt worden, so schwül war es zwischenzeitlich.
Wehe, wenn man sich betrogen fühlt...
Wir mussten ausser Haus immer alles dabeihaben: Jacke, Schirm, Sonnenbrille - zu viel, was man vom Sommer erwarten dürfte. Und wenn man sich betrogen fühlt, dann wettert man eben gegen Wetterfrösche, als machen die selber, wovon sie künden. Es gab nur noch ein Thema. «Ich gab mir Mühe», sagte eine Frau aus Solothurn, «das Thema zu wechseln, es wurde nur übers Wetter gemotzt.» Ein Herr aus dem Aargau sah einen Zusammenhang mit der vom Menschen gemachten Grosswetterlage: «Die Wetterfrösche», sagte er, «liegen mit ihren Prognosen - im Vergleich zu Bankern, Politikern usw. - doch meist im grünen Bereich.»
Schliesslich aber duckte sich «SF Meteo » doch unter dem Hagelwetter: «Wieder ist fast alles möglich», schrieb der Dienst am Donnerstag auf seiner Homepage, «sicher ist, es gibt Fehlprognosen. » Es folgten längere Erklärungen zum Phänomen der Südwestlage, mit Felix Blumers Fazit: «Eine um 5 Grad andere Windrichtung kann 180 Grad anderes Wetter bringen.» Da war die Rede von «labiler Luft», als kämpfe Luft wie die Seele phasenweise mit Gleichgewichtsstörungen. Da sprach Thomas Kleiber von «SF Meteo» von «Nachbarmord », verübt unter Gewittern, von «Konvektionen» und «organisierten Gewitterverbänden », und der Laie musste erfahren: Es geschieht mehr zwischen Himmel und Erde, als man vom Fernsehdach aus gewöhnlich hört. Jetzt aber soll ein stabiles Hoch heranrücken. Blau, nur blau - ach, wie öde!