Die Berichte über den Lotterknast Bleichenberg wecken bei Fritz T.* Erinnerungen: «Was ich selber dort erlebt habe, ist katastrophal », sagt der ehemalige Insasse. Drogen, Frauenbesuche und unerlaubte Handys seien dort seit Jahren «normal», schildert er am Telefon.
Zudem hatte er sich finanziell übernommen mit zwei Kindern, mittlerweile drei, und drei geleasten Autos. Der hat auch Drogen entgegengenommen für die Häftlinge. Ob er finanziell beteiligt war, weiss ich nicht. Als ihm dann gekündigt wurde, hat er den Schlüssel hergegeben. Der Schlüssel wurde kopiert und aus ein, zwei Zellenschlüsseln wurden anschliessend Passpartouts gemacht. Danach konnten die Häftlinge rein und raus wie sie wollten.
Aber schon davor hatte es immer wieder Frauenbesuch auf den Zellen gegeben. Freundinnen oder andere Weiber. Man hat immer wieder Frauenstimmen und Stöckelschuhe gehört. Sogar Spaziergängern ist aufgefallen, dass Frauen ein- und ausgehen, und die haben das der Wache gemeldet, aber passiert ist nichts.
WENN DIE WACHEN mit dem Auto zur Kontrolle kamen, rief einer: «Die Wache kommt.» Von den Fenstern aus hat man die immer kommen sehen. Dann haben sie die Weiber versteckt. Die Überwachungskamera beim Eingangsbereich gibt es auch erst seit sieben Jahren. Davor hat ein Häftling mal eine ganze Woche lang eine Frau bei sich gehabt. Er hat sie im Schrank versteckt. Zudem konnten die Insassen damals frei ein- und ausgehen.
Danach haben sie die Kamera montiert. Die Urinproben werden natürlich gefälscht. Ein Wächter steht hintendran, macht die Türe leicht zu. Sie verstecken ein Fläschchen mit dem Urin eines anderen Insassen zwischen den Haaren. Oder sie trinken vorher Zitronensaft. Die Wächter merken das nicht, da merkt niemand was.
ES GIBT EINEN Wächter, der die Schraube anzieht, der ist streng. Der macht alles nach Regel, ohne Diskussion. Ich habe auch schon Probleme gehabt mit dem, aber danach war wieder alles gut, da konnte man wieder mit ihm spassen. Wenn so einer Direktor wäre, gäbs keine Probleme. Die lassen einen Insassen, der seit 15 Jahren verwahrt wird, frei im Bleichenberg herumlaufen. Der putzt im Bleichenberg das Haus. Der ist immer drauf. Da haben sie ihn für eine paar Tage ins Schöngrün genommen und dann aber wieder in den Bleichenberg geschickt. Da muss man sich fragen, ob die Sicherheit gewährleistet ist. Das Schöngrüntor ist immer offen, da kann man immer verreisen.
DIE WACHEN SIND im Wachraum den ganzen Tag vor dem Internet gesessen, bis das Internet abgestellt wurde. Die sind so faul, die sind kaum hochgekommen zum Kontrollieren. Da muss der Chef nicht sagen, die dürften nicht in die Zellen reinschauen, ob alle da sind. Das dürfen die in jeder Kiste, schauen ob alles in Ordnung ist.
Im Bleichenberg gibt es einen Recycling-Raum um Computer auseinanderzuschrauben. Dort liegen ganze Natels rum. Da muss man sich nur eine Sim-Karte und ein Aufladegerät besorgen. Es sind sicher vierzig Natels irgendwo im Bleichenberg versteckt. Es gibt einen Besucherraum mit Holzbalken zuoberst, der wird nicht überwacht. Da können die Besucher frei im Knast rumlaufen und etwas verstecken. Man sollte einen Besucherraum haben, der überwacht wird.
BEI ARZTBESUCHEN IST die Kontrolle lasch. Man wird zum Arzt begleitet, dann lassen sie einen allein dort. Da hat man locker Zeit, die Fliege zu machen. Ich bin mal nach einem Arztbesuch in der Stadt Solothurn herumspaziert, mir war es zu blöd im Wartesaal zu warten. Die warten nicht bist du fertig bist. Die haben zu wenig Personal.
Beim Bioladen ist es genau gleich, da ist einer mit der Kasse abgehauen. Einfach rausgelaufen, fertig. In Schöngrün muss man aufpassen, dass man keine Krankheit einfängt. Die Küche ist der reinste Saustall. Schauen sie sich mal die Hygiene an. Im Güllenloch werden Küchenabfälle entsorgt, die nicht bio sind. Wenn das rauskäme, gäbs eine saftige Busse. Im Winter stehen 35 Kühe 24 Stunden lang im Stall. Die haben kaum Platz, können sich nie hinlegen.
Im Gefängnis in Lenzburg ist die Sicherheit dagegen «1A». Da wusste ich, dass ich im Knast bin. Das ist wirklich eine Kiste. Kein Vergleich mit Schöngrün. Da habe ich auch extern gearbeitet auf dem Bau und einem Bauernhof. Aber da wurde ich immer kontrolliert. In Lenzburg sind die Wärter nicht bestechlich, so viel ich weiss. Ausserdem hat es dort einen Störsender wegen der Handys.» (mz/Bearbeitung: ids/wst)
*Name von der Redaktion geändert