Bis jetzt sind in erster Linie Risikopatienten geimpft worden. Ab jetzt können sich im Kanton Solothurn auch weitere Impfwillige bei Hausärzten und Spitälern melden. Impfstoff ist genügend vorhanden. Die Praxen erhalten den Impfstoff aber nicht immer sofort in der bestellten Menge.
Elisabeth Seifert
Die Gruppenpraxis für Kinder- und Jugendmedizin am Solothurner Bürgerspital ist schweizweit bekannt: Vor zwei Wochen wurden hier die ersten Kinder gegen die Schweinegrippe geimpft (wir berichteten). «Seit dieser Zeit werden wir von Anfragen überrannt», sagte gestern Oliver Adam. Bis jetzt sei die Schweinegrippe-Impfung allerdings ausschliesslich Kindern vorbehalten gewesen, die zu einer Risikogruppe gehören, sowie deren Geschwistern. Das dürfte sich aber jetzt bald ändern. Demnächst wird eine Lieferung des Impfstoffs Celtura erwartet, der in grösseren Mengen verfügbar ist. Adam: «Spätestens ab Montag können wir dann auch Kinder ohne Risiko impfen.»
«Wir impfen alle, die wollen»
Was für die Kinderärztinnen und -ärzte der Region gilt, trifft gemäss Kantonsarzt Christian Lanz für sämtliche 140 Impfstellen im Kanton zu, also die ärztlichen Grundversorger sowie die Spitäler in Solothurn, Olten und Dornach. «Sofern die Risikopatienten bereits geimpft worden sind und eine Praxis über genügend Impfstoff verfügt, müssen jene, die nicht zu einer Risikogruppe gehören, nicht mehr abgewiesen werden.» Die Solothurner Vorstadtpraxis etwa will gemäss Stephan Balli ab nächster oder aber übernächster Woche mit der Impfung für alle beginnen.
In etlichen Hausarztpraxen im Kanton werden allerdings schon seit einiger Zeit auch Nichtrisikopatienten zur Impfung zugelassen - ohne damit gegen eine kantonale Weisung zu verstossen. «Wir haben keinem Arzt verboten, auch solche Patienten anzunehmen», sagte gestern Kantonsapotheker Marco Schärer. «Bis jetzt stand aber die Impfung der Risikogruppen klar im Vordergrund.»
Offen für Anfragen von Impfwilligen aller Art zeigte sich etwa der Grenchner Hausarzt Gerhard Heer - und zwar vor allem deshalb, weil sich längst nicht alle Risikopatienten für eine Impfung interessieren: «Viele verzichten darauf aus Respekt vor allfälligen Nebenwirkungen», erklärt der Mediziner. Solche hingegen, für die eine Impfung nicht unbedingt vordringlich erscheine, bestehen auf einer Impfung.
Explizit keine Unterscheidung nach Risikogruppen nimmt Marcel Hanselmann vor, der zusammen mit zwei Ärztinnen eine Gruppenpraxis in Zuchwil betreibt. «Wir impfen alle gegen die Schweinegrippe, die das wollen.» Die so genannten Risikogruppen biete man nur begrenzt speziell zum Impfen auf. Betroffene, die aus anderen Gründen die Praxis aufsuchen, mache man zudem auf die Impfmöglichkeit aufmerksam und vereinbare einen Termin.
Kritik an «starrem Verteilsystem»
Insbesondere die beiden Impfstoffe Celtura und Pandemrix werden künftig in «grossen Mengen» zur Verfügung stehen, unterstreicht Kantonsarzt Christian Lanz. Gewisse Engpässe gebe es beim Impfstoff Focetria, auf den Kleinkinder unter drei Jahren angewiesen sind. «Es wird aber für alle Kinder reichen.»
Eine grosse Herausforderung für die Ärtzinnen und Ärzte stellt allerdings nach wie vor die Verteilung der Impfstoffe dar, die nicht über die normalen Kanäle erfolgt. So müssen die Grundversorger wie auch die Spitäler jede Woche bis Dienstagnachmittag um 16 Uhr ihre Bestellung beim Kantonsapotheker aufgegeben haben. Die Auslieferung an die 140 kantonalen Impfstellen erfolgt dann über Kuriere bis spätestens am Montag der Folgewoche. «Dadurch können gewisse Verzögerungen entstehen», weiss Kantonsapotheker Marco Schärer.
Es stehe allerdings allen Ärzten frei, den bestellten Impfstoff jeweils selber bei den drei zentralen Auslieferungsstellen im Kanton - den Spitälern in Solothurn, Olten und Dornach - abzuholen. Erschwerend komme allerdings noch hinzu, so der Kantonsapotheker, dass die Bestellungen nicht immer vollständig ausgeliefert werden können. «Es kann also durchaus vorkommen, dass ein Arzt von einem bestimmten Impfstoff weniger erhält, als er bestellt hat.»
Der Zuchwiler Allgemeinmediziner Marcel Hanselmann will diese Verteilung zwar nicht gerade als chaotisch bezeichnen, sie sei aber doch «sehr schwerfällig». Das «starre Verteilsystem» führe etwa dazu, dass in der Zuchwiler Gruppenpraxis Kleinkinder wegen des fehlenden Impfstoffs (Focetria) erst nächste Woche geimpft werden können. Eine Verteilung über «den normalen Weg» wäre viel flexibler, ist Hanselmann überzeugt. Und «normal» heisst: Der Arzt bestellt je nach Bedarf bei den grossen privaten Zulieferapotheken, welche die Medikamente oder eben die Impfstoffe dann umgehend anliefern.
«Der Bund will, dass der Pandemie-Impfstoff nur an die Kantonsregierungen ausgeliefert wird», rechtfertigt Kantonsarzt Christian Lanz das kantonale Verteilsystem. Grosse Kantone wie zum Beispiel Zürich beauftragen mit der Verteilung des Impfstoffs zwar einen Grossisten. «Dem Kanton Solothurn fehlt dafür aber die kritische Grösse und zudem würden auf diese Weise hohe Kosten entstehen.» Mitarbeit: fs, at.