Meiereien: Rosmarie hält die Welt am Laufen
Rosmarie hält die Welt am Laufen

Die tägliche Portion Meiereien in der Aargauer Zeitung.

Drucken

ROSMARIE SINGT GERNE. Sie hat eine kräftige Altstimme. Seit es den Chor gibt, ist sie dabei. Beim Kirchenkonzert mit Werken von Mozart, Haydn und Mendelssohn steht sie rechts aussen, in der zweiten Reihe, Chor, Dirigent und Publikum im Blick. Der Chor ist schwarz gekleidet, die Männer mit weissen Hemden, dazu tragen alle ein rotes Accessoire wie Schal, Foulard oder die Männer eine Fliege. Das mit den roten Accessoires war Rosmaries Idee. Sie hat auch eine Bezugsquelle für rote Schals ausfindig gemacht und einen Chorrabatt herausgeholt.

ROSMARIE ORGANISIERT auch das Abschlussfest nach dem dritten Auftritt; der Chor trifft sich im Kirchgemeindehaus, es gibt Gschwellti und Mineral für alle gratis, den Wein für sechs Franken pro Liter. Rosmarie hat die Blumen und den Wein für die Solisten und den Gutschein (ein Wellnesswochenende in Bad Ragaz) für den Dirigenten beschafft. Rosmarie kümmert sich um alles. Sie sei die Seele des Chores, hat der Dirigent, ein sehr charmanter Mann, erst kürzlich gesagt. Rosmarie wurde verlegen und alle haben applaudiert. Sie sind froh, dass Rosmarie alles macht und nichts vergisst, auch wenn sie manchmal etwas mühsam ist. Etwa, wenn sie hartnäckig von jedem Chormitglied die Kopierkosten von je 3 Franken 75 einzieht.

WÄHREND DER CHOR noch den Schlussvers des 100. Psalms «Jauchzet dem Herren alle Welt» ausklingen lässt, verlässt Rosmarie bereits ihren Platz in der zweiten Reihe und eilt diskret zum Ausgang. Dort kontrolliert sie, ob die Körbchen für die Kollekte ordnungsgemäss platziert sind. Es sind die Rosmarien, welche die Welt am Laufen halten.

joerg.meier@azag.ch