CSI
Rolf Theiler: «Wir leben den Anlass, und das spüren die Sponsoren»

Die weltbesten Reiterinnen und Reiter am bestdotierten Hallenturnier der Welt: Hinter dem Mercedes-CSI im Zürcher Hallenstadion, der ab kommenden Freitag zum 22. Mal ausgetragen wird, stecken zwei Ämtler. Rolf Theiler, Kappel, hat mit Bruder Urs den CSI in Zürich zum weltbesten Hallen-Reitturnier gemacht.

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Rolf Theiler

Rolf Theiler

Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern

Von Werner Schneiter

Wir treffen den 52-jährigen Rolf Theiler auf seinem grossen Anwesen zwischen Kappel und Ebertswil. Es offenbart sich ein traumhafter Ausblick auf die Alpen und auf den Zugersee. Hier wohnt einer der «Väter» des CSI Zürich, der heute Mercedes-CSI heisst und in Reitsportkreisen Weltruhm geniesst. Es ist das hochkarätigste Hallenturnier der Welt und lockt mit einem attraktiven Rahmenprogramm gesamthaft 35 000 Zuschauer an. Die Weltelite gibt sich nicht nur wegen der einmaligen Ambiance im Hallenstadion ein Stelldichein. Es handelt sich auch um das bestdotierte Turnier überhaupt; im günstigsten Fall könnte ein Reiter an diesen drei Tagen gegen eine halbe Million Franken an Preisgeldern kassieren. Das gesamte Preisgeld des diesjährigen Mercedes-CSI beläuft sich auf 906 500 Franken.

Rolf Theiler skizziert dem Besucher den Erfolgspfad dieser Veranstaltung. Wie die Gebrüder Theiler zum Pferdesport gekommen sind? Auf ganz ungewöhnliche Weise. Vater Georges, ein bekannter Architekt, baute in Thalwil ein Hotel. «Durch die vielen Sitzungen legte er an Gewicht zu und befolgte schliesslich den Rat, sich etwas mehr zu bewegen. Und kaufte sich dazu ein Pferd», sagt Rolf Theiler. Bald erhielten die beiden Buben ein Pony, spielten damit «Indianerlis» im Wald. Es folgten Reitstunden bei Paul Hürlimann, Olympiateilnehmer von 1972, auch er ein Ämtler. Bei Rolf und Urs keimte Ehrgeiz, gepaart mit der Frage: Wie weit können wir es im Pferdesport bringen? Weit: Urs gehörte der Nationalmannschaft drei Jahre an, Rolf gar sechs.

Sepp Voegeli «erpresst»
Irgendwann tauchte die Frage nach einem Hallenreitturnier auf. Der damalige Hallenstadionchef Joseph Voegeli, langjähriger Tour-de-Suisse-Veranstalter, verweigerte sich aber einer Durchführung im Hallenstadion und verwies die Gebrüder Theiler auf die offene Rennbahn in Oerlikon. Im Sommer 1988 folgte dann dort die erste Auflage - ohne Hauptsponsor. «Die von einem Geschäftsmann für drei Jahre offerierten 2 Mio. Franken trafen nicht ein», lacht Rolf Theiler. Damals lachte er nicht: Das Turnier schloss mit einem herben finanziellen Verlust. Die Veranstalter gaben nicht auf, sie erreichten den Break-even schon im folgenden Jahr und schrieben bei der dritten Auflage schwarze Zahlen. Grund genug, nochmals bei Sepp Voegeli anzuklopfen. Urs und Rolf klopften diesen mit einem Argument weich: «Wir waren drauf und dran in Basel ein Hallenturnier zu veranstalten. Als wir dies Sepp Voegeli mitteilten, sagte er: Das kommt nicht in Frage, ihr bleibt hier in Zürich», erinnert sich Rolf Theiler, für den sich dann die Tore ins Hallenstadion öffneten.

Keine Prospekte für Sponsoren
Die Suche nach Sponsoren - das war damals kein einfaches Unterfangen. Die Gebrüder Theiler kannten sich zwar in Reitsportkreisen aus, verfügten aber weder in der Wirtschaft noch in der Politik über ein Beziehungsnetz. Sie fanden aber mit dem damaligen Bankverein und mit der Rentenanstalt zwei Sponsoren, die sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht im Sport engagiert hatten. «Das war entscheidend», fügt Rolf Theiler bei, der mit seinem Bruder im Reitsportverband für Aufregung sorgte, weil sie bei der ersten Auflage im Hallenstadion gleich mit einer Gewinnsumme von sagenhaften 400 000 Franken Aufwartung machten. «Das gab einen Aufschrei. Der Verband wollte uns die Durchführung gar verbieten», so Rolf Theiler.
Ohne Erfolg. Die Veranstaltung im Hallenstadion wuchs von Jahr zu Jahr und mutierte zu einem sportlichen und gesellschaftlichen Ereignis, das weit über die Landesgrenzen hinaus Bedeutung hat. Das Budget beläuft sich heute auf rund 6 Mio. Franken; ein Drittel davon bringen die Eintrittskarten, zwei Drittel kommen von den Sponsoren. Mit Hauptsponsor Mercedes gilt der Vertrag bis 2012 - mit Option auf eine weitere Verlängerung. Statt einem in früheren Zeiten üblichen Sponsoring-Fünfjahresplan wird aber heute nur noch für zwei bis drei Jahre fixiert.
Warum aber dieser Erfolg bei Firmen und Banken, der auch im schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Umfeld anhält? Rolf und Urs Theiler, die mit dem ehemaligen Eiskunstläufer Oliver Höner und Reto Caviezel zwei weitere Co-Präsidenten ins Boot geholt haben, ködern mögliche Sponsoren nicht mit Prospekten. Sie leisten Überzeugungsarbeit mit persönlichen Gesprächen. «Wir verhandeln jedes Paket einzeln. Das funktioniert auch ohne Agentur sehr gut», sagt Rolf Theiler.
Im Wissen, dass es sich um einen hochkarätigen und rentablen Anlass handelt, greifen die Sponsoren gerne zu. Und sie wissen auch, dass sie stets mehr erhalten als vereinbart. «Wir geben den Sponsoren jedes Jahr 20% mehr als vertraglich fixiert», fügt Theiler bei. Der Erfolg bei Sponsoren hat aber auch einen anderen Grund: «Wir leben den Anlass, und das spüren die Geldgeber». Von Bedeutung ist auch, dass diese Sponsoren zusammenpassen müssen. Rolex passt genauso zum «Brand» Mercedes wie die Bank Wegelin, die den Anlass ebenfalls unterstützen. «Die Verhandlung mit Rolex in Genf dauerte nur eine Stunde», sagt Rolf Theiler. Auch TUI und das Robinson-Reisebüro, die beim Showprogramm firmieren, konnten in diesen wirtschaftlich nicht einfachen Zeiten ins Boot geholt werden.

Ein Anlass für die Frau
Die Sponsoren haben also einen hohen Level. Für Rolf Theiler hat aber die Veranstaltung keinen elitären Charakter. Mit einem attraktiven Rahmenprogramm wollen die Organisatoren vermehrt auch Familien ins Hallenstadion locken. Sie richten die Veranstaltung aber ganz bewusst auch auf die Frau aus. «Kommen die Frauen, so kommen auch die Männer und die Kinder. Im Fussball ist das anders. Da gehen die Männer hin, und die Frauen bleiben eher zuhause.» Nun, Frauen lieben Pferde, Frauen können sich hier in einer gediegenen Ambiance schön anziehen. Die Organisatoren haben mit diesem Konzept Erfolg: 55% der Besucher sind weiblichen Geschlechts.

Stallbereich in Ämtler Hand
Nicht nur Sponsoren garantieren die Durchführung des Mercedes-CSI. Währen diesen die Tagen sind rund 200 Helferinnen und Helfer im Einsatz, darunter etwa 20 aus dem Kavallerieverein Affoltern. «Der Stallbereich ist praktisch in Ämtler Hand. Jürg Vollenweider ist seit Jahren unser Stallchef». Rolf Theiler, der übers Jahr etwa 20 Prozent für die Veranstaltung arbeitet, kann aber seit Beginn auch auf einen Ämtler zählen, der ausserhalb des Stalls arbeitet. Hans Jucker hat beim Mercedes-CSI eine Doppelrolle inne: Er ist zusammen mit Dagobert Cahannes Speaker und Kommentator für SF DRS. Er musste sogar einmal in die Rolle eine Jurymitglieds schlüpfen. «Nach einem harten Abend war am Samstagmorgen ausser mir niemand in der Jury. So amtete ich bei der ersten Prüfung gleich noch als Juror, damit wir den Zeitplan einhalten konnten», erinnert sich Hans Jucker.
Auch Rolf Theiler erzählt von einem skurrilen Moment. «Bei einem Equipenspringen fehlte ein Mannschaftsmitglied. Ich sprang ein. Und wir erreichten noch Platz drei...»