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«Neu sein hat auch Vorteile»

Als eine der ersten Frauen in der Amtei und als Quereinsteigerin hat sie ein Gemeindepräsidium übernommen: Johanna Bartholdi, Egerkingen. Sie berichtet über den abrupten Wechsel von der Wirtschaft in die Politik, und über ihre Art, Fragen zu stellen.

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Eger

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Solothurner Zeitung

Erwin von Arb

Im August dieses Jahres hat die 58-jährige Johanna Bartholdi in Egerkingen die Nachfolge von Kurt Rütti angetreten. Der Einstieg in die Politik sei ihr gut gelungen, obwohl der Wechsel abrupt ausgefallen sei. «Ich habe mir keine grossen Gedanken gemacht und bin einfach ins kalte Wasser gesprungen. Schliesslich wusste ich, dass ich schwimmen kann», berichtet sie. «Mir hätte nichts Besseres passieren können, als Gemeindepräsidentin zu werden.» Vor allem, dass sie immer wieder neue, ihr bislang unbekannte Aufgaben zu bewältigen habe, bereite ihr grossen Spass.

40 Prozent für Gemeinde tätig

Nicht so harmonisch wie erwartet, gestalte sich die Arbeitsteilung von Beruf und Politik. Derzeit ist Bartholdi zu 60 Prozent

Zur Person

Johanna Bartholdi, am 9. Juni 1951 in Frutigen BE geboren, absolvierte Handelsschule, Wirtschaftsgymnasium und Hotelfachschule. Nach Stationen im Gastgewerbe folgten vier Jahre als Geschäftsführerin in einem 450-Betten-Hotel in Zinal VS. Von 1982 bis 1990 führte sie zusammen mit ihrem Mann Rudolf das damalige Motel Agip in Egerkingen. Nach Posten als Chefsekretärin und Gerantin übernahm sie 1995 die Geschäftsführung des Schweizer Cafetier Verbandes in Zürich. Seit August 2009 ist Johanna Bartholdi Gemeindepräsidentin von Egerkingen. (eva)

Als Neuland empfand die Egerkinger Gemeindepräsidentin ihre erste Sitzung beim Verein Gemeindepräsidenten-Konferenz Gäu. «Ich hatte natürlich von vielen Dingen, die dort besprochen wurden, noch keine Ahnung.» Inzwischen hat Bartholdi nachgeholt. Sie habe vor allem konzentriert zugehört und Fragen gestellt. Neuling zu sein, habe mitunter auch Vorteile. Man könne völlig unbedarft Fragen stellen, die sonst in dieser Runde so nicht gestellt würden.

«Musste mich hineinknien»

Als eine «sehr grosse Herausforderung» bezeichnet die neue Gemeindepräsidentin das Bauwesen und dessen Gesetzgebung. «Da musste ich mich wirklich hineinknien, um mitreden zu können.» Ebenso bei den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen politischen Abläufe auf Gemeindeebene. Hilfreich war für sie ein vom Amt für Gemeinden angebotener Einführungskurs für neue Gemeinderäte.

Einen sehr interessanten Kurs habe sie erst letzte Woche besucht, bei dem es um Neueinbürgerungen ging. Hier habe sie einen grossen Ermessensspielraum bei den Gemeinden geortet in Bezug auf die geforderten Sprachkenntnissen für Einbürgerungswillige. Dass Antragsteller in einigen Gäuer Gemeinden einen Deutschtest absolvieren müssen, findet sie richtig. «Ich denke, dass wir das in Zukunft auch in Egerkingen so machen werden. Dann kann es halt vorkommen, dass jemand zuerst Deutsch lernen muss, um ein Gesuch stellen zu können.»

In den nächsten Jahren will Johanna Bartholdi alles daran setzen, um Egerkingen vor weiterem Verkehr und Lärm zu schützen, damit die Wohnqualität des Dorfes verbessert wird. Zusammen mit dem Gemeinderat will sie dafür kämpfen, dass entlang der Autobahn doch noch Lärmschutzwände gebaut werden, dies, obwohl die Emissionswerte knapp unter dem vom Bund festgelegten Pegel liegen. «Wir müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der Bevölkerung oben in Bern ernst genommen werden. Und wenn nötig müssen wir halt immer wieder von Neuem intervenieren.»