Muslim-Schule weckt Ängste

«Konservative Muslime eröffnen Privatschulen in der Schweiz». So lautet der Titel eines «Beobachter»-Artikels. Unter den Schulen, die einem informellen Netzwerk des Islam-Predigers Fethullah Gülen angehören sollen, findet sich mit der Stiftung Lernforum auch eine Bildungseinrichtung in Olten.

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Solothurner Zeitung

Das Schweizer Bildungssystem werde von einem undurchsichtigen Geflecht privater Muslim-Schulen unterlaufen, suggeriert der «Beobachter». Die Rede ist von einem «informellen Netzwerk, das der Bewegung des türkischen Predigers Fethullah Gülen» nahestehe («Beobachter» vom 13. 11.). Der Artikel enthält eine Landkarte, auf der die acht Standorte so genannter «Gülen-Schulen» vermerkt sind. Darunter die «Stiftung Lernforum» - angeblich mit Sitz in Trimbach.

Fethullah Gülen

Geboren 1941 in der Türkei, ist einer der bekanntesten türkischen Islam-Prediger. Die Anhänger seiner Gülen-Bewegung und Teile der Islamwissenschaft sehen in ihm einen der wichtigsten islamischen Gelehrten mit liberalen, westlichen Ideen und interreligiösen Dialogabsichten. Kritiker werfen ihm vor, den laizistischen türkischen Staat unterminieren zu wollen. Im Kern seiner Lehre stehen Bildung und Dialog. Gülen lebt in den USA, wo er vor kurzem die Green Card, sprich lebenslanges Aufenthaltsrecht erhielt. (rh)

Sozialpreisträger im Jahr 2007

In Wahrheit ist die Stiftung aber bereits vor zwei Jahren an die Aarauerstrasse 55 in Olten gezogen. Und: Die vermeintliche «Privatschule für Muslime» bietet Aufgabenhilfe für sozial minderprivilegierte Kinder an. 2007 hat die Stiftung den Sozialpreis des Kantons Solothurn erhalten. Dieser wird vergeben für herausragende Leistungen im Sozialbereich und ist mit 20 000 Franken dotiert. Rose Majidzadeh vom Departement des Innern betont, dass man das Projekt intensiv geprüft habe. Bei Unterrichtsbesuchen und Gesprächen mit den Initianten sei ein sehr positives Bild einer wertvollen sozialen Institution entstanden. Von einer Zugehörigkeit zum «Gülen-Netzwerk» wisse man bis dato nichts.

Um vollends Licht ins Dunkel zu bringen, bleibt die Möglichkeit, sich direkt an die Stiftung zu wenden und diese mit den Aussagen des «Beobachter»-Artikels zu konfrontieren. Leichter gesagt als getan. Telefonisch erreicht man stets nur Lehrpersonen, vornehmlich junge Erwachsene aus dem Umfeld der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Man wird weiter an eine E-Mail-Adresse verwiesen. Schliesslich erfolgt doch noch eine Stellungnahme seitens der Stiftung. Per E-Mail und ohne namentliche Unterzeichnung. Ihr Auftrag sei es, Interessierte jeglicher Herkunft auf ihrem Erziehungs- und Bildungsweg zu unterstützen. Neben Aufgabenhilfe würden auch Seminare für Eltern angeboten und Schulbesuche gemacht. Bezüglich Fethullah Gülen heisst es, dass dieser türkische Gelehrte die Hauptquelle aller Probleme in der Unwissenheit, mangelnden Bildung und Erziehung sehe. «Diese Gedanken und seine Bildungsphilosophie finden wir gut.» Zu einem «Gülen-Netzwerk» zähle sich die Schule aber nicht und es gebe auch keine übergeordnete Trägerorganisation. Die Stiftung versuche aber, mit ähnlichen Bildungsinstitutionen zu kooperieren, die ebenfalls das Ziel verfolgen, die Integration von Migranten durch zusätzliche Bildungsangebote voranzutreiben. Solche seien beispielsweise die Zürcher Sera-Schule oder der Aarauer Aare-Bildungsverein.

Keine religiösen Themen

Das Kursangebot der Stiftung, heisst es weiter, beinhalte die üblichen Fächer wie Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik. Sprachkurse für Erwachsene und Freizeitangebote wie beispielsweise multikulturelles Kochen würden auch angeboten. Religiöse Themen würden nicht behandelt. Die Stiftung sei sowohl politisch wie auch konfessionell strikt neutral. Das Ziel sei Integration und nicht Segregation.

Die vom «Beobachter» suggerierte Unterwanderung des Bildungswesens scheint also - zumindest im Oltner Fall - harmlose Aufgabenhilfen zu sein. Anzeichen für die geheime Verbreitung religiöser Anschauungen wurden von allen kontaktierten Institutionen und Personen, die mit der Stiftung Kontakt hatten, keine wahrgenommen. (RH/szr)