Super-Mikroskop
Mit Vorsprung an der Weltspitze

Das neue Mikroskop der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) erlaubt den Einblick in Materialien, die wenige millionstel Millimeter klein sind. Das wird zu Mikrochips und Geräten führen, die kleiner und leistungsfähiger sind.

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Super-Mikroskop

Aargauer Zeitung

Hans Lüthi

«Wir bauen nur Anlagen, wo wir weltweit Spitzenforschung betreiben können», sagt PSI-Direktor Joël Mesot bei der mit Musik, Vulkanen und Licht visuell und lautstark inszenierten Einweihung. Damit übertreibt er nicht, im Gegenteil: Das neue Mikroskop kann Materialien in bisher nie erreichter Auflösung darstellen. Erreicht wird damit eine Art chemische Landkarte im Nanobereich, also in der Grösse von wenigen millionstel Millimetern.

Das Spezielle am neuen Mikroskop: «NanoXAS» kombiniert zwei Techniken, die eine kann die Lage der einzelnen Atome bestimmen, die andere die chemischen Elemente zeigen. «Damit entsteht ein Abbild der Struktur mit atomarer Genauigkeit», erklärt Jörg Raabe, Projektleiter für den Aufbau des Geräts.

Synchrotron Lichtquelle

Die Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) am Paul-Scherrer-Institut steht in Villigen und ist seit 2001 in Betrieb. Im Innern werden scharf gebündelte und höchst intensive Lichtstrahlen erzeugt. Bis auf die letzte sind die rund 20 Strahllinien jetzt alle belegt, die Nachfrage in den letzten Jahren war sehr gross. 90 Prozent werden für die Forschung verwendet, 10 Prozent für die Industrie. «Ideal wären 15 bis 20 Prozent für die Industrie», sagt PSI-Direktor Joël Mesot zum wachsenden Anteil. (Lü.)

Die erste Idee für den Bau entstand vor fünf Jahren durch eine Bleistiftzeichnung auf einem A4-Blatt. Ob es auch funktionieren würde, wussten die Forscher lange nicht. «Das Gerät besteht aus 10 000 Einzelteilen, die wir alle zuerst produzieren und verkabeln mussten», sagt Christoph Quitmann, Leiter im SLS-Labor.

Ein Werk mit diversen Partnern

«Ohne die Kompetenz diverser Partner wäre eine solche Leistung nicht möglich und auch nicht finanzierbar», betont Mesot. Aus der Schweiz machen die Empa und die Uni Basel mit, aus Deutschland die Universitäten Erlangen/Nürnberg und die Freie Universität Berlin.

Aber auch das deutsche Bundesministerium für Bildung beteiligt sich an den Kosten. Zudem Unternehmen aus der Industrie, die sich einen Vorsprung bei innovativen Produkten erhoffen - und deshalb nicht genannt sein wollen.

Noch kleinere Chips und Geräte

Das PSI ist mit NanoXAS nicht nur weltweit an der Spitze, das Mikroskop ist einzigartig und wird es nach Ansicht der Entwickler noch eine Zeit lang bleiben. «Wir haben einen grossen Vorsprung vor der Konkurrenz und wollen ihn möglichst lange halten», erklärt Quitmann.

Schon in wenigen Jahren wird die neuste Basisforschung am PSI zu besseren Materialien in magnetischen Speichern oder in Halbleitern führen. Daraus ergeben sich leistungsfähigere elektronische Geräte, wie Computer-Festplatten, Digitalkameras, MP3-Player und andere mit viel benötigtem Speicherplatz. «Die beteiligten Unternehmen erhoffen sich einen Wettbewerbsvorteil», erläutert Quitmann.

Die Oberfläche der Haut sehen

Seit dem Bau der ersten Mikroskope ist der Wunsch der Menschheit geblieben, besser sehen zu können. «Am Anfang stand auch unsere Vision, noch präziser sehen zu können», meint der SLS-Laborleiter. Das wird jetzt auf eindrückliche Art möglich, denn das Super-Mikroskop am Ausgang der SLS-Strahllinie kann «das Material sehen und fühlen».

Die Anlage zeigt, wie genau die zusätzlichen Atome verteilt sind, was es wiederum möglich macht, «die Eigenschaften heute verwendeter Materialien im Detail zu verstehen». Künftige Anwendungen sind nicht nur in der Mikroelektronik denkbar, sondern auch in vielen anderen Bereichen.

Dazu ein Beispiel aus der Biologie: Die Kosmetikindustrie sucht nach neuen Schutzmitteln vor Sonnenbrand, vor dem Hintergrund der stärkeren Ozonstrahlung. Mit dem neuen Mikroskop wird es möglich, die bisher unsichtbare Oberfläche der Haut sichtbar zu machen.