Deutlich weniger Verkehr auf der Tellistrasse und der Kettenbrücke in Aarau, nur noch halb so viele Autos und Lastwagen in Küttigen – mit der Eröffnung der Neuen Staffeleggstrasse in einem Jahr wird die Verkehrsbelastung in der Region Aarau umgelagert. Davon werden viele profitieren.
Von Toni Widmer
«Wir sind wegen teilweise ungünstiger Witterungsbedingungen auch dieses Jahr mit dem Bauprogramm gelegentlich massiv ins Hintertreffen geraten. Dank dem erneut enormen Einsatz der mit dem Tunnelbau beauftragten Arbeitsgemeinschaft Marti AG, STA Strassen- und Tiefbau AG, konnten wir die Verzögerungen wieder aufholen», sagt Heinz Imseng, Projektleiter von der Abteilung Tiefbau, Brücken- und Tunnelbau im Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU). Einen fixen Termin für die Eröffnung der Neuen Staffeleggstrasse kann er dennoch nicht nennen: «Wir haben ein paar Arbeiten vor uns, bei denen uns das Wetter einen Streich spielen kann. Deshalb sind wir mit Prognosen vorsichtig. Wenn alles rund läuft, ist die Strasse an Weihnachten 2010 offen. Wenn nicht, wird es 2011.»
Die Planungszeit für die rund 3,1 Kilometer lange Neue Staffeleggstrasse hat sich über rund 40 Jahre erstreckt. Das Projekt war stets heftig umstritten und noch kurz vor dem Beginn der Realisierung im Jahr 2004 versuchten Gegner, den Abbruch der Übung oder zumindest eine Verzögerung zu erwirken. Stein des Anstosses bildete das idyllische Horentäli, welches sich vom Küttiger Kirchberg nordwärts erstreckt und bis anhin unberührt war. Auch wenn das Projekt unter bestmöglicher Rücksichtnahme auf Natur- und Landschaft geplant und verwirklicht worden ist, gehören die Bewohner des Horentälis zu den Verlierern. Die Wohnqualität rund um den alten Horenhof sowie im Weiler Giebel wird von der neuen Strasse stark geschmälert. Dafür profitieren andere: Durch Küttigen wird der Verkehr nach aktuellen Schätzungen um die Hälfte zurückgehen, auf der Kettenbrücke und im Gebiet Telli in Aarau um 40 bzw. 20 Prozent, zwischen Rohr und Biberstein um rund zwei Drittel. (to)
Wichtig ist der Mai 2010. In diesem Monat darf es keinen längeren Kälteeinbruch geben. Geplant sind hier unter anderem die Belagsarbeiten sowie der Auftrag des Oberflächenschutzes im Horentunnel. Dafür dürfen die Temperaturen nicht unter einen gewissen Minimalwert sinken: «Wenn diese Arbeiten sicher unter Dach und Fach sind, können wir verbindliche Aussagen zum Eröffnungstermin machen», sagt Heinz Imseng. Konkret werden kann der Projektleiter bereits jetzt in einem anderen Punkt. Die finanzielle Seite des Projekts hat man bisher im Griff: «Wenn es nicht noch eine böse Überraschung gibt, wird der bewilligte Kredit von rund 90 Mio. Franken ausreichen», sagt Imseng.
Die 90 Mio. Franken sind 17 Mio. mehr als einst berechnet. Bei der Detailprojektierung des Horentunnels wurde die Hydrologie im Horentäli noch einmal genau untersucht und anhand der dabei gewonnen Erkenntnisse das Projekt angepasst. Statt durchgehend halbkreisförmig, musste der rund 700 lange Tunnel zum Schutz vor Grundwasser zur Hälfte als geschlossenes Rechteckprofil erstellt werden. Eine Massnahme, die sich im Nachhinein als absolut richtig herausgestellt hat: «Bei der Realisierung hat sich gezeigt, wie zerklüftet und unterschiedlich der Untergrund im Horentäli ist. Es gibt Zonen, wo fast kein Grundwasser fliesst, und andere, wo die Wasserströme sehr stark sind. Ich bin froh, dass wir das Projekt entsprechend überarbeitet haben», erklärt Imseng.
Den Baufortschritt im laufenden Jahr bezeichnet der Projektleiter unter dem Aspekt des Wetterpechs als eine «gigantische Leistung». Schon 2008 war wegen zu nasser Witterung eine Verspätung von vier Monaten eingefahren und wieder aufgeholt worden. Im laufenden Jahr konnten mit effizienter Arbeitsweise und grossem Engagement aller Beteiligten erneut zwei «nasse» Monate wieder wettgemacht werden. «Die Tunnelbauer haben nicht nur speditiv gearbeitet, sie haben auch sehr gute Qualität geliefert», lobt Imseng die Arge Marti/STA. Ein spezielles Kompliment macht er auch der Bauleitung von der Ingenieurgemeinschaft Preisig Zürich, Emch + Berger AG, Bern. Sie habe mit ihrer vorausschauenden Art und ihrem überdurchschnittlichen Einsatz massgebend zur guten Leistung und zur erreichten Bauqualität beigetragen.
Der Horentunnel ist im Rohbau fertig, weitgehend hinterfüllt, und ein grosser Teil des Baugeländes ist wieder rekultiviert. Bis zur Eröffnung in 12 Monaten wartet aber noch viel Arbeit. «Man glaubt gar nicht, wie viel Technik in so einen Tunnel hineingepackt werden muss», erläutert Heinz Imseng die anstehenden Aufgaben. So müssen allein Dutzende von Kilometern Kabel verlegt werden, damit in einem Jahr alle Bereiche wie Beleuchtung, Lüftung, Notfalleinrichtungen, Signalisation, Videoüberwachung usw. reibungslos funktionieren. Dazu kommen der Einbau einer Löschwasserleitung, der Bau der Tunnelentwässerung, die Strassenkofferung sowie die technische Einrichtung der Tunnelzentrale. Die Installation der Elektromechanik im Tunnel allein werde rund 5 bis 6 Monate in Anspruch nehmen, schätzt der Projektleiter.
Von kleineren Arbeiten abgesehen weitgehend fertig sind die Trassees südlich und nördlich des Horentunnels. Beim Nordtrassee ist der Deckbelag eingebaut worden. Eine Arbeit die auf dem Südtrassee für den Sommer vorgesehen ist. Ebenfalls dann ist in Küttigen ein Tunnelfest geplant. Küttigen ist die Gemeinde, welche von der Eröffnung der Neuen Staffeleggstrasse am stärksten profitieren wird. Laut aktuellen Prognosen soll der Verkehr im Dorfzentrum dereinst um rund 50 Prozent kleiner werden (siehe Box).