Ein Blatt Papier mit einigen geometrischen Formen und Linien: Auf den Bauplänen scheint das Tunnelprojekt Horental nicht sehr kompliziert. Doch der Schein trügt. Davon liessen sich die Teilnehmer der Sommerakademie am Freitagabend anlässlich einer Tunnelführung überzeugen.
Florian Müller
Souverän führt der Projektleiter Heinz Imseng die vierzig Teilnehmer der Sommerakademie durch den neuen Tunnel im Horental. Während des Rundgangs spricht er immer wieder die problematischen Wasserverhältnisse an.
Tatsächlich bestehen im Tal grosse Grundwasserspiegeldifferenzen, weshalb das Projekt während der Bauphase der neuen Situation angepasst werden musste. Ein unglaubliches Schachtsystem, Sickerleitungen und Schlitzrinnen sollen das Wasser ableiten.
Tunnel Horental Die neue Staffeleggstrasse bildet zusammen mit der Altstadtsperrung und der Ostumfahrung Aarau das Gesamtprojekt «Verkehrssanierung Aarau». Der Grundgedanke ist die Entlastung der Altstadt mittels Ostumfahrung und eines zusätzlichen Aareübergangs. Für die Verbindung zur Staffeleggstrasse muss der Tunnel Horental gebaut werden. Er wird dreispurig angelegt (zwei Bergspuren, eine Talspur). Die Sicherheit wird unter anderem gewährleistet durch zwei Notausgänge, regelmässige SOS-Nischen und eine vollautomatische, unterirdische Zentrale. Die gesamten Anlagekosten belaufen sich gemäss Kostenvoranschlag auf rund 70 Mio. Franken. Wegen hydrologischen und geologischen Problemen im Gebiet wird aktuell mit Mehrkosten von 17 Mio. gerechnet. Die Inbetriebnahme der Gesamtanlage ist für 2010 geplant. (fmü)
Überhaupt stellt der gesamte Bau eine riesige logistische Herausforderung dar. Pro Tunnelelement mit einer Länge von 12,5 Metern werden ungefähr 30 Tonnen Armierung benötigt. Enorme Aushubmengen müssen bewältigt werden. Dazu Imseng: «Die Materialbilanz des Tunnels kann sich sehen lassen. Wir verwenden den Aushub wieder als Hinterfüllung. Schade ist nur, dass der Tunnel nur 700 Meter lang ist und damit ein Grossteil des Materials zwischengelagert werden muss. Wir hätten lieber 20 Kilometer gebaut. Dies hätte die Arbeitsabläufe wesentlich vereinfacht.»
Rechteckig vs. Gewölbe
Im zweiten, rechteckigen Tunnelteil erklärt Imseng stolz, wie gut organisiert und ordentlich die Baustelle ist. Mancher Hobbykeller sei nicht so schön aufgeräumt wie diese Grossbaustelle. Für eine hohe Effizienz und vor allem für die Gewährleistung der Sicherheit ist dies auch absolut notwendig.
Der rechteckige Tunnelteil schliesst nördlich direkt an den Gewölbetunnel an. Der Tunnel konnte wegen der gespannten Grundwassersituation nicht zu tief angelegt werden, andererseits soll er auch nicht aus der Landschaft herausragen. Deshalb hat sich der Kanton Aargau als Bauherr für den niedrigeren, ungefähr 30 Prozent teureren Rechtecktunnel entschieden.
Ökologische Massnahmen
Vor dem Ausgang in Richtung Staffelegg berichtet Imseng über die ökologischen Massnahmen, für welche insgesamt 6 Millionen Franken aufgewendet wurden. Beispielsweise wurden die Neophyten, die oftmals Pionierpflanzen sind, auf der ganzen Baustelle systematisch entfernt. Die Suhreaue wurde erweitert und es wurden Lebensräume für Amphibien und Reptilien geschaffen.
Während der Führung zeigt Imseng den Teilnehmern immer wieder Baupläne, auf welchen eigentlich alles ganz einfach aussieht. Die Wirklichkeit ist anders: Hinter diesem Tunnelbau steckt weit mehr, als ein Autofahrer bei der Durchquerung des Horentaltunnels dereinst mitbekommen wird. Eine Zuschauerin meinte während der Führung treffend: «Da muss man aber an vieles denken, bis das alles steht.»