Im Kleinbasel gibt es mehr Muslime als an jedem anderen Ort der Schweiz. Unterschiedlich äussern sie sich über das Minarett-Verbot. Die jung Muslimin Aynur tut dies sogar mit einer Prise Humor.
Daniel Änishänslin
Sie hat schulterlanges, blondes Haar. Zur blauen Jeans trägt sie eine rote Daunenjacke und schwarze Lederstiefel. «Und, hast du etwa Angst vor mir?» fragt sie keck. Aynur ist 25 Jahre alt und besucht mit ihrer Grossmutter Verwandte in Basel. Trüge die Grossmutter neben ihr nicht ein Kopftuch, würde niemand bemerken, dass Aynur Muslimin ist. Ihr Kommentar zum Ja der Schweizerinnen und Schweizer zum Minarett-Verbot ist klar: «Es sind nicht die Minarette, die die Schweiz nicht will, Ihr habt Angst vor uns.»
Der 52-jährige Khalid, ein Marokkaner, sieht das ähnlich: «Ich kann die Schweizer sogar verstehen.» Seit 15 Jahren lebe er in der Schweiz. «Hätte die islamische Welt einen Anschlag von christlicher Seite erlebt, wie die USA am 11. September 2001, wäre ihr das auch im Gedächtnis haften geblieben.» Er runzelt die Stirn und sagt beinahe in bemitleidendem Ton: «Manchmal habe ich das Gefühl, die Kreuzzüge haben nie aufgehört.»
Kenan sitzt mit seinem Freund, dem 21-jährigen Ferat, in einer Dönerbude an der Feldbergstrasse. «Nein ehrlich», sagt der 20-Jährige, «von dieser Initiative habe ich nichts gewusst.» Die beiden Türken sind sich aber einig: «Es ist richtig, dass in der Schweiz keine Minarette mehr gebaut werden dürfen, die gehören in die Türkei und die arabischen Staaten.» Sowenig sie von der Initiative gewusst haben wollen, das Plakat der SVP ist ihnen sehr wohl bekannt. «Wir sind nicht so kriegerisch, wie wir dargestellt werden», sagt Kenan.
Bisher gut miteinander ausgekommen
Das Imbiss-Restaurant an der Feldbergstrasse wird von Irakern betrieben. Der Döner schmeckt, die Cola ist günstig. In der Ecke hängt eine Schweizer Fahne. Mohammed ist 35-jährig. Er steht hinter der Theke und meint: «Es muss nicht überall ein Minaret stehen, aber eines pro Kanton wäre schon schön gewesen.»
Ihm gegenüber steht ein Kollege, ebenfalls Mohammed mit Namen, er ist 27 Jahre alt. Er sagt zum Abstimmungsergebnis: «Das ist ein schlechtes Zeichen, das die Schweiz gegen aussen setzt.» Dort wo er her komme, stehe gleich neben Moschee und Minarett eine christliche Kirche. «Bisher sind dort alle gut miteinander ausgekommen, solche Entscheide wie heute können aber auch im Ausland einen Keil zwischen die Menschen treiben.»
«Irgendwie gleicht er einem Minarett»
Der ältere Mohammed ergänzt: «Ich habe den Koran gelesen, die Bibel und die Tora. Wer aus einem dieser Bücher Krieg oder Gewalt ableitet, hat sie anders verstanden als ich.» Kriegstreiber macht der jüngere Mohammed an einem ganz anderen Ort aus: «Es sind die Politiker, zum Beispiel solche wie jene, die dieses Abstimmungsplakat erfunden haben. Sie machen der Welt Probleme, indem sie Menschen gegeneinander aufhetzen.»
Aynur, die Türkin mit den blonden Haaren, nimmt ihre Grossmutter am Arm und schreitet mit ihr über den Platz vor der Matthäuskirche. Sie zeigt nach oben auf den Kirchturm und meint mit sarkastischem Unterton: «Irgendwie gleicht der doch einem Minarett.»