Interview mit dem neuen Bildungsdirektor Alex Hürzeler, nach seinen ersten 100 Tagen.
Herr Erziehungsdirektor, Sie bewegen sich seit Ihrer Wahl in drei Kreisen: in einer fortschrittlichen Regierung, in der sehr fortschrittlichen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) und in der konservativen SVP. Zerreisst Sie das nicht manchmal fast?
Regierungsrat Alex Hürzeler: Nein. Meine Partei weiss und akzeptiert, dass ich jetzt in anderer Funktion tätig bin und nicht einfach SVP-Politik machen kann. Anderseits wissen meine Kolleginnen und Kollegen in der Regierung und auch in der EDK die Abwahl Rainer Hubers und die Ablehnung aller Kleeblätter sehr wohl zu deuten: Die Schulreform soll zwar weitergehen, aber weniger ambitiös, weniger schnell. So gesehen ist es vielleicht ganz gut, dass ein Mann aus der SVP nun das Ruder in die Hand nimmt.
Sie betonten an der Medienkonferenz mehrmals die hohe Belastung, die das neue Amt mit sich bringt: kaum mehr Zeit zum Golfen, bloss acht Tage Ferien. Anderseits machen Sie einen motivierten Eindruck.
Hürzeler: Ja, es gefällt mir gut am neuen Ort. Ich habe ja bisher als Treuhänder, Gemeindeammann und Grossrat auch schon viel gearbeitet. Aber es stimmt, die Belastung, vor allem die Zahl der Termine, hat nochmals zugenommen. Nicht jeder erträgt eine derart volle Agenda. Aber ich bin vom Typ her einer, der das mag.
Der Aargau hat, zusammen mit einigen Kleinkantonen, immer noch nur fünf Regierungsräte. Grosse Kantone haben sieben oder neun. Sind Sie für eine Aufstockung?
Hürzeler: Nein. Hätte ich weniger Abteilungen unter mir, würden die anderen die Agenda gleich wieder füllen. Vor allem aber: Für die Arbeit im Regierungskollegium ist die kleine Zahl effizienter und ein klarer Vorteil.
Sie haben sich Knall auf Fall vom Kommunikationsleiter Ihres Vorgängers, Nic Kaufmann, getrennt. Wird es zu weiteren Abgängen kommen?
Hürzeler: Wichtig für mich - wie für alle Regierungsmitglieder - ist das engste persönliche Umfeld, der Generalsekretär, der Kommunikationsleiter. Generalsekretär Andreas Schächtele hat soeben sein Amt neu angetreten, als Nachfolger von Bruno Biberstein. Wir haben praktisch miteinander begonnen. Ich glaube, wir sind ein gutes Team; er bringt vor allem Erfahrungen aus dem Hochschulbereich mit. Nic Kaufmann hat Rainer Hubers Strategie sozusagen verkörpert, war auch Promotor seines Wahlkampfs - ich glaube, es ist einsichtig, dass ich hier einen Neuanfang suchte. Die Nachfolgelösung wird noch in diesem Monat bekannt gegeben.
Auch unter den Abteilungsleitern hat es Leute, die Rainer Huber gezielt ausgesucht hat, die wegen ihm gekommen sind.
Hürzeler: Ich habe die Abteilungsleiter als sehr offen kennen gelernt. Es sind ausgezeichnete Fachleute. Das zählt in diesen Funktionen am meisten. Wie gesagt, wichtig ist mir vor allem das engste Umfeld. Es ist nicht üblich, dass ein neuer Departementsleiter gleich die ganze Spitze der Verwaltung mit Leuten seiner eigenen Wahl bestellt.
Sie haben mehrmals die notwendige Temporeduktion in der Bildungsdebatte betont. Anderseits will die Regierung laut Strategiebericht den Aargau innert zehn Jahren an die Spitze der Technologiestandorte führen. Ist das nicht ein Widerspruch?
Hürzeler: Nein. Eine Regierung muss sich hohe Ziele setzen. Das haben wir im Entwicklungsleitbild getan. Mit dem angesprochenen Punkt sind vor allem verstärkte Anstrengungen im Hochschulbereich gemeint. Die Volksschulreform hängt damit nicht direkt zusammen. Natürlich hängt vieles davon ab, wie viel Geld wir in dieses Ziel investieren können. (fa)