Riehen
In Riehen geht die Angst um

Die Riehener Brandserie nimmt neue Dimensionen an. Jetzt sind auch Wohnhäuser in Gefahr. Die Polizei geht von mehreren Brandstiftern aus: Nach dem Gartenhauszünsler hält ein Parkhausbrandleger die Gemeinde in Atem.

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Fahrzeug Skelette

Fahrzeug Skelette

bz Basellandschaftliche Zeitung

Andreas Maurer

Am Morgen danach ist es in der Parkhalle immer noch warm wie in einem Ofen. Der Rauchgeruch durchdringt die Kleider bis auf die Haut. Kopfschüttelnd versammeln sich die Anwohner auf dem Brandplatz. Ein Mann schraubt das verkohlte Nummernschild seines Motorrads ab. Als Erinnerung an seine Touren in Korsika und als Beweisstück für die Versicherung. Bald kauft er sich den genau gleichen Töff wieder. Trotz des Infernos der vergangenen Nacht wird er ihn wieder in der Einstellhalle des Rüchligwegs 55 parkieren. «Hier hat der Brandstifter sein Erfolgserlebnis bereits gehabt», meint er trocken. Der Riehener hat keine Angst: «Sonst wäre ja das ganze Leben eine Angst. Der Strassenverkehr ist gefährlicher.»

Leute kaufen sich Rauchmelder

Seine Nachbarin hingegen ist tief besorgt und verunsichert. Wie jeden Abend hat sie am Sonntag aus Angst vor Einbrechern die Fensterläden geschlossen. «Deshalb haben wir vom Brand gar nichts mitgekriegt. Wir haben uns nur gewundert, dass Internet, Telefon und Fernseher nicht mehr funktionierten», erzählt sie. Erst am Morgen danach, als sie ihr Auto in der Parkhalle holen wollte, hat sie vom Brand erfahren.

Durch die Kabelschächte ist der Rauch auch in einzelne Wohnungen gedrungen. «Wir werden uns einen Rauchmelder kaufen», sagt eine Anwohnerin. Der Brand wurde um 20 Uhr 30 entdeckt. «Nachts hätte ihn aber wohl lange Zeit niemand bemerkt. Was wäre dann passiert?» Im Wohnhaus leben 35 Leute.

Am Brandplatz wird immer wieder die gleiche Frage gestellt: «Was passiert wohl als nächstes?» Bis jetzt brannten nur Gartenhäuser und Geräteschuppen. Nun stand zum zweiten Mal eine Einstellhalle in Flammen. «Neuerdings nimmt der Feuerteufel in Kauf, dass Menschen sterben», bemerkt eine Riehenerin mit belegter Stimme.

SVP fordert Bürgerwehr

Auch Gemeindepräsident Willi Fischer macht sich vor Ort ein Bild. «In Riehen herrscht grosse Unsicherheit und grosses Unverständnis: Man begreift nicht, dass die Polizei immer noch im Dunkeln tappt», sagt er. Fischer spricht von einem aussergewöhnlichen Problem. Auch die Bevölkerung sei gefordert: «Die Leute sollen ihr eigenes Gärtlein besser kontrollieren.»

Der Riehener SVP reicht das nicht. Sie wärmt die alte Forderung nach einer Bürgerwehr auf. Der Gemeindepräsident schüttelt den Kopf: «Das Gewaltmonopol liegt beim Staat.» Ein grosser Mann mit einem grossen Hund bekennt sich auf dem Brandplatz hingegen als Anhänger der SVP-Idee.
Eine Bürgerwehr würde keine Gewalt ausüben: «Jeder hat ja ein Telefon dabei.» Selber hat er auch schon Sprayer inflagranti erwischt. Dabei habe er keine Gewalt angewendet, sondern ihnen nur die Spray-Utensilien abgenommen. Seine Nachbarin macht einen anderen Vorschlag: «Man sollte alle Parkhäuser mit Video überwachen.» Ihr Ehemann ist skeptisch: «Wollen wir das wirklich?»

«Sie haben solche Angst»

Auf dem Brandplatz kritisieren mehrere Anwohner das Vorgehen der Polizei. In der Brandnacht hätten sich viele fremde Leute um die brennende Halle versammelt. Die Polizei habe aber niemanden kontrolliert. «Vielleicht war auch der Brandstifter dabei, der sich durch sein eigenes Feuerchen aufgegeilt hat», überlegt eine Riehenerin. Kriminalkommissär Markus Melzl entgegnet, dass die Polizei den Einsatzbereich weiträumig abgesperrt und viele Personen kontrolliert habe.
Gegen Mittag löst sich die Gruppe am Brandplatz langsam auf. Vielen ist der Schlafmangel anzusehen. Eine Frau, die kochen geht, sagt beim Weggehen: «Meine Kinder würden am liebsten gar nicht nach Hause kommen. Sie haben solche Angst.»