Impfstoff noch immer nicht in Hausarztpraxen

Impfung Ja oder Nein? Die meisten Regierungsräte warten ab. Die Hausärzte warten unterdessen sehnsüchtig auf den Impfstoff. Die Verantwortung für die Verzögerung will niemand übernehmen.

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«Zuerst sollen sich die Risikogruppen impfen lassen. Danach werde ich mich mit meinem Hausarzt beraten.» Roland Brogli
«Zurzeit stellt sich die Frage für mich gar nicht. Später werde ich mich entscheiden.» Alex Hürzeler
«Ich lasse mich nicht impfen, da der Impfstoff zur- zeit nur für Risikogruppen bestimmt ist.» Peter C. Beyeler
«Ich lasse mich jeweils gegen die saisonale Grippe impfen. Über die H1N1-Impfung entscheide ich später.» Urs Hofmann

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Aargauer Zeitung

Von Maja Sommerhalder

Gesundheitsdirektorin Susanne Hochuli ist ein Impfmuffel. Zumindest wenn es um die Schweinegrippe oder die saisonale Grippe geht. «Ich gehöre nicht zur Risikogruppe und weiss, wann ich mit Grippesymptomen zu Hause bleiben muss, um Personen in meinem Arbeitsumfeld zu schützen», sagt sie gegenüber dem «Sonntag». Für die anderen Regierungsräte ist die Schweinegrippe-Impfung zurzeit kein Thema. Alex Hürzeler, Roland Brogli, Peter C. Beyeler und Urs Hofmann wollen sich erst entscheiden, nachdem die Risikogruppen gegen die Schweinegrippe geimpft worden sind.

Impfen lassen wollen sich hingegen viele Pflegende und Ärzte des Kantonsspitals Baden. 230 Impfdosen trafen am Dienstag ein; am Donnerstag waren diese schon aufgebraucht. Am Freitag wurden 500 weitere Dosen geliefert, wie Mediensprecher Marco Bellafiore sagt: «Die Aktion ist ein grosser Erfolg.» Ähnlich sieht es im Kantonsspital Aarau aus, wie Mediensprecherin Daniela Hunziker sagt: «Die erste Lieferung ist praktisch aufgebraucht. Wir bekommen aber eine zweite Lieferung mit tausend Dosen Pandemrix. Dieser Impfstoff ist für Erwachsene.»

Auch in der Kinderarztpraxis von Mélanie Doutaz läuft die Impfaktion wie geschmiert, wie Praxisassistentin Dorli Suter bestätigt. «Am Samstag war unser Impftag. Jetzt sind unsere 100 Impfdosen des Impfstoffes Forcetria für Kinder und Schwangere praktisch aufgebraucht.»

Eine weitere Lieferung gibt es nicht. Bereits Anfang nächster Woche könnte die Situation entschärft werden: Swissmedic hat am Freitag den Impfstoff Celtura von Novartis zugelassen. Dieser dürfte in erster Linie für Kinder und Jugendliche von 3 bis 17 Jahren eingesetzt werden. «Die Aussicht auf eine baldige Lieferung ist eine grosse Entlastung», so Suter. Letzte Woche riefen in der Praxis zahlreiche besorgte Eltern an. «Es war nicht immer einfach zu erklären, dass der Impfstoff derzeit nicht für alle reicht», sagt Suter.

Angespannt war die Situation am Freitag hingegen bei den Hausärzten. Obwohl das Departement Gesundheit und Soziales versichert hatte, dass der Impfstoff Pandemrix bis Ende vergangener Woche geliefert werde, warteten sie am Freitag immer noch. «Wir hoffen, dass er nächste Woche eintrifft», sagt Jacqueline Müller, Praxisassistentin des Hausarztes Rudolf Ebnöther in Berikon. Die Drähte laufen derweil heiss: «Jedes zweite Telefon dreht sich um die Schweinegrippe. Das ist anstrengend.»

Wer für die Verspätung verantwortlich ist, ist unklar. Sowohl der kantonsärztliche Dienst als auch der Impfstoff-Lieferant weisen die Schuld von sich. Kantonsarzt Martin Roth sagt, dass der Lieferant logistische Probleme hätte: «Wir haben den Impfstoff bei der Firma Alloga in Burgdorf rechtzeitig bestellt.» Viel Zeit brauche es vor allem beim Umpacken: «Der Impfstoff kommt in 500er-Paketen an. Die Firma Alloga muss ihn aber in 10er-Pakete umpacken, damit er den Ärzten geliefert werden kann.» Bis zum Dienstag sollten aber die Hausärzte versorgt sein. Dann würden 22 500 weitere Dosen des Impfstoffes Pandemrix geliefert werden: «Andere Kantone hatten am Freitag noch gar keinen Impfstoff erhalten. Da sind wir im Vergleich gut dran.»

Der Impfstoff-Lieferant dementiert jedoch gegenüber dem Sonntag, dass er logistische Probleme habe: «Die Erstauslieferung an die Kantone ist verlief planmässig. Bezüglich Logistik und technischer Abwicklung gibt es keine Besonderheiten», so Mediensprecherin Christina Hertig. Für das Umpacken hätte die Alloga temporäre Arbeitskräfte eingestellt. Laut Hertig bestellen die Kantone die Impfdosen bei Alloga: «Immer vorausgesetzt, dass der Wirkstoff verfügbar ist, wird er innerhalb von drei Tagen nach Bestelleingang ausgeliefert.»