Impfstart sorgt für Verwirrung

Verzögerung bei der Zulassung des Schweinegrippe-Impfstoffs, Verwirrung um den Impf-Start in den Kantonen: Gesundheitspolitiker und Patientenorganisationen reagieren mit Unverständnis.

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Impfstoff Focetria

Impfstoff Focetria

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Hans-Peter Wäfler

«Unglaublich», entfährt es Margrit Kessler, Präsidentin der Stiftung SPO Patientenschutz: «Die linke Hand weiss nicht, was die rechte tut.» Damit spricht sie an, dass am Wochenende eine Kinderpraxis in Solothurn begann, chronisch kranke Kinder gegen Schweinegrippe zu impfen. Während andere Kantone noch nicht impfen oder den Impfstoff noch gar nicht bekommen haben. «Das hätte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) besser koordinieren müssen», so Kessler.

Für die Durchführung der Impfung sind die Kantone zuständig. Das sei auch sinnvoll, so Jacques de Haller, Präsident der Ärzteverbindung FMH. Das BAG hätte aber erklären müssen, dass die Impfaktionen je nach Kanton zeitlich unterschiedlich anlaufen: «Die Bürger sind mündig und verstehen das - wenn es offen kommuniziert wird.»

Swissmedic wehrt sich

Das Heilmittelinstitut Swissmedic weist Kritik am Zulassungsprozedere für Schweinegrippeimpfstoffe zurück. «Swissmedic hat mit hoher Qualität und grösstmöglicher Anstrengung gearbeitet», so Präsidentin Christine Beerli im «Sonntag». Letzte Woche hat diese Zeitung aufgedeckt, dass Swissmedic für die Zulassung 23 Tage länger brauchte als die EU. Beerli betonte, die Impfstoffe Pandemrix und Focetria seien am 23. beziehungsweise 27. Oktober zugelassen worden, und fügte an: Abpackung und Verteilung seien nicht Sache der Swissmedic. (ap)

Jetzt aber sorgte der frühe Impfstart in Solothurn für Verwirrung. Ebenso die Aussage von BAG-Sprecher Jean-Louis Zürcher, der im «Sonntag» erklärte, das BAG könne nicht aufschlüsseln, wo sich die einzelnen Dosen befinden. Angaben machen die Logistikfirmen, die mit der Verteilung der Impfstoffe Focetria (für Kinder) und Pandemrix (für Erwachsene) beauftragt sind:
Focetria: Die Firma Voigt gab im «Sonntag» an, dass bis zum Wochenende neben Solothurn 13 Kantone beliefert wurden: AG, BL, ZH, FR, JU, NE, ZG, VS, TG, AI, SG, SH, TI. Der Kanton Thurgau teilte mit, heute impfen zu beginnen; St. Gallen will morgen starten.

Pandemrix: Gemäss der Firma Alloga AG sollen bis zum Dienstagmorgen alle Kantone erste Lieferungen erhalten. Die Feinverteilung wird aber je nach Kanton unterschiedlich ablaufen - und für zeitliche Unterschiede beim Impfstart sorgen. So hat gemäss «SonntagsZeitung» die Kantonsapotheke Zürichs bei den Zürcher Ärzten bereits Bestellungen eingeholt. In Bern dagegen muss das Bestellformular noch verschickt werden. «Es hätte keinen Sinn gemacht, schon Bestellungen einzuholen, bevor der Impfstoff da ist», begründet gegenüber dieser Zeitung Samuel Steiner, Kantonsapotheker des Kantons Bern. Er spielt den Ball an den Bund zurück: «Jemand hätte die Fäden besser in der Hand halten sollen.»

Das Chaos beim Impf-Start stösst bei Gesundheitspolitikern auf Unverständnis. «Klarere Vorgaben vom Bund an die Kantone wären nötig», findet SP-Nationalrätin Silvia Schenker. Die Situation erklärt sich FDP-Nationalrätin Marianne Kleiner auch damit, dass die Heilmittelbehörde Swissmedic bei der Impfstoff-Zulassung langsamer war als die EU: «Darum ist jetzt Hektik ausgebrochen.» Kleiner - ebenso wie Schenker - unterstützt, was Jürg Stahl, SVP-Nationalrat und Präsident der Gesundheitskommission, im «Sonntag» forderte: eine Untersuchung durch die Geschäftsprüfungskommission.