Swissmedic behauptet, das Zulassungsgesuch später als die EU bekommen zu haben. Hersteller Glaxo-Smith-Kline widerspricht.
Beat Rechsteiner, Michele Coviello
Die Frage ist denkbar einfach. Die Antwort aber bringt die Behörden in Erklärungsnotstand. Das ganze Land will wissen: Warum hat die Schweiz bei der Impfung gegen die Schweinegrippe Verspätung? In Deutschland begann die Impfaktion am 26. Oktober, in Frankreich und Grossbritannien sogar noch früher. Hierzulande jedoch wurden die Impfstoffe Pandemrix und Focetria erst in den letzten Tagen zugelassen, geimpft wird ab Mitte Monat.
Beim Bundesamt für Gesundheit mag man sich mit der Verzögerung nicht lange aufhalten und sieht keinen Anlass zu Selbstkritik. «Wir waren unter den ersten, die Impfstoffe bestellt haben», sagt Sprecher Jean-Louis Zürcher. Auch danach habe man nichts verschlafen, sondern auf die Zulassung durch das Heilmittelinstitut Swissmedic gewartet. Und dieses sei vom Bundesamt unabhängig, wie Zürcher betont.
Die Zulassungsbehörde ihrerseits ist sich ebenfalls keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil: Immer wieder brüstet sie sich damit, die Impfstoffe in Rekordzeit zugelassen zu haben. Verantwortlich dafür, dass die Schweiz hinterher hinke, seien die Pharmaunternehmen, sagte Mediensprecher Joachim Gross dieser Zeitung (Ausgabe von gestern). In einem Interview mit der «Basler Zeitung» wird Swissmedic-Präsidentin Christine Beerli konkreter: «In der EU wurde Pandemrix im Mai zur Zulassung beantragt, bei uns erst im August.»
Pandemrix ist der Impfstoff der Herstellerfirma Glaxo-Smith-Kline. Diese lässt den Vorwurf nicht auf sich sitzen, die EU bevorzugt behandelt zu haben. Auf Nachfrage dieser Zeitung kommt ein knappes E-Mail zurück. Daraus geht klar hervor, dass sowohl bei der europäischen Zulassungsbehörde Emea als auch bei Swissmedic die formale Einreichung des Zulassungsgesuchs am 30. Juli erfolgte. Erste Kontakte mit den Behörden hätten im Mai stattgefunden, beiden seien gleichzeitig die gleichen Daten über den gleichen Impfstoff eingereicht worden. Die einzige Differenz: Emea erteilte die Zulassung am 30. September, Swissmedic aber erst am 23. Oktober.
Bleibt noch die Frage, ob es schneller gegangen wäre, hätten die Schweizer Behörden aktiv bei den Pharmaunternehmen Glaxo-Smith-Kline und Novartis interveniert, anstatt auf deren Zulassungsgesuche zu warten. Sowohl bei Swissmedic als auch beim Bundesamt für Gesundheit heisst es dazu nur: «Das ist nicht unsere Aufgabe.»