Rauhe Sitten in Wohlen: Ein Jugendlicher urinierte bei einer Polizeikontrolle ans Polizeiauto. Der Täter wurde bei der Jugendanwaltschaft verzeigt. Der Gemeinderat nimmt Stellung zu den Nachtruhestörungen.
Jörg Baumann
Die Anwohner im Bünzmattquartier in Wohlen sind ungehalten. Lärmende Jugendliche reissen sie immer öfter aus dem Schlaf. Vierzehn Bewohner des Quartiers wollen sich die chronischen Lärmbelästigungen nicht länger gefallen lassen. Sie wurden deswegen beim Gemeinderat vorstellig.
Grenzen weit überschritten
Zwei Vorfälle mit marodierenden Jugendlichen ärgerten die Anwohner besonders stark: Letztes Jahr zerlegte einer der Jünglinge nachts beim Bünzmattschulhaus eine Hollywoodschaukel. Das teilte ein Anwohner der Polizei schriftlich mit. Er hätte sie besser sofort angerufen, statt zu schreiben, erwiderte die Polizei.
Dieses Jahr legte sich eine Gruppe Jugendlicher bei einer Polizeikontrolle mit der Regionalpolizei Wohlen an. Einer von ihnen urinierte unter wüsten Drohungen ans Polizeiauto. «Wie lange will man dieser unhaltbaren Situation noch zuschauen?», fragen die Anwohner den Gemeinderat. In anderen Gemeinden sei der Aufenthalt bei Schulanlagen nach 22 Uhr verboten. «Warum in Wohlen nicht?»
«Ziel verfehlt»
Jugendliche würden auch in Wohlen nach 22 Uhr vom Bünzmattareal weggewiesen, teilt der Gemeinderat den Anwohnern mit. Aus einem Bericht, den die Regionalpolizei für den Gemeinderat erstellte, geht jedoch hervor, dass die Wegweisung ihr Ziel verfehlt. Die Jugendlichen weichen in den nahen Sorenbühlweg und auf den Rasen aus, auf dem das Denkmal für den Wohler Karatesportler Andy Hug steht.
Der Jugendliche, der an das Polizeiauto uriniert habe, sei bei der Jugendanwaltschaft verzeigt worden, heisst es in der Stellungnahme des Gemeinderates. Aber er sei, «um die Situation vor Ort zu beruhigen», nach Feststellung der Personalien entlassen worden. Beleidigungen, Gewalt und Drohungen gegen Polizeiangestellte würden «in keiner Weise» geduldet.
Totale Kontrolle nicht möglich
Marco Veil, Chef der Regionalpolizei Wohlen, stellt fest, dass die Bevölkerung zu hohe Ansprüche habe, wenn sie glaube, die Polizei könne sämtliche Ruhestörer einfangen. «Ich verstehe die Anwohner des Bünzmattquartiers. Aber unser Personalbestand reicht für eine totale Überwachung im ganzen Dorf nicht aus», meint Veil.
Wenn man die Jugendlichen an einem Ort verjage, dränge man sie an einen Ort ab, wo sie die Ruhestörungen fortsetzen könnten, macht er bewusst. «Wir haben nicht mehr die gleichen Jugendlichen wie vor zwanzig Jahren. Aber was wollen wir machen?» Die Regionalpolizei habe die Präsenz im Bünzmattquartier stark erhöht, was auch der Gemeinderat verlangt. «Wir patrouillieren jede zweite Nacht durchs Quartier», bestätigt Veil.