Minit
«Ich bin kein Mister Minit»

Serge ist gelernter Schuhmacher. Ein Beruf, der selten geworden ist und der ihm viel Stress bereitet hat. Im Rahmen der Stiftung Gärtnerhaus hat er die Freude an seinem Beruf wieder gefunden. In der neuen Schuhmacherei repariert er nicht nur, er kreiert auch neue Schuhe.

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Lenzburger Bezirks-Anzeiger

Philipp Muntwiler

Wenn Ihre Lieblingsschuhe nicht mehr laufen mögen, bringen Sie sie zum Gärtnerhaus-Schuhmacher.» Mit diesen Worten macht die Stiftung Gärtnerhaus Meisterschwanden auf ihre neue Schuhmacherei in Fahrwangen aufmerksam. Im Gebäude, wo der Laden des Textilateliers untergebracht ist, hat Serge in einer Ecke mit viel Tageslicht sein Reich.
Er, der eidgenössisch diplomierte Schuhmacher, hatte die Idee für die Schuhmacherei. «Ich könnte nicht den ganzen Tag an einem Tisch sitzen und Schrauben in Schächteli verpacken, da würde ich wahnsinnig», sagt er und lächelt. Er ist zufrieden, dass er seinen Beruf wieder ausüben kann.

Bis zu 17 Stunden pro Tag gearbeitet

Serge hatte eine eigene Schuhmacherei. «Es lief nicht schlecht, ich hatte genug Arbeit», sagt er. Aber er konnte kaum davon leben, arbeitete bis zu 17 Stunden pro Tag. «Das hat mich schliesslich kaputt gemacht», gesteht er.
Dank der Stiftung Gärtnerhaus kann er heute wieder seinem Beruf nachgehen. Er trat mit der Idee, von der Firma Fretz Men alte Maschinen zu übernehmen und eine Schuhmacherei einzurichten, an Roland Urech vom Leiterteam der Stiftung heran. «Er hat uns ein Konzept vorgelegt, das uns schliesslich überzeugte», sagt Urech. Die Firma Fretz Men überliess der Stiftung leihweise alte Maschinen, die Serge gewissenhaft restaurierte und in seiner Ecke aufstellte. «Die Maschinen sind zwar alt, aber sie funktionieren tadellos», sagt er.
Serge hat ursprünglich Bäcker/Konditor gelernt. Nachdem bei ihm eine Mehlallergie diagnostiziert wurde, musste er umsatteln. Ein Kollege lud ihn ein, zwei Wochen in seiner Schuhmacherei zu schnuppern. «Es machte mir Spass und offensichtlich hatte ich Talent dazu», sagt Serge rückblickend. Er hat den Beruf des Schuhmachers von Grund auf gelernt und ein eidgenössisches Diplom in seinem Fachgebiet erworben. Er kann bei Schuhen die Sohlen und Absätze erneuern, gerissene Nähte reparieren, komplizierte Änderungswünsche erledigen und auch orthopädische Korrekturen ausführen. «Ich bin kein Mister Minit», sagt er. Schliesslich entwerfe und fabriziere er auch eigene Schuhe.

«Wurden in den ersten zwei Wochen fast überrannt»

«Wir sind sehr gut gestartet, überraschend gut», sagt Urech. «Es gibt ja fast keine Schuhmacher mehr.» Sogar Schuhgeschäfte bringen ihre Schuhe zur Reparatur nach Fahrwangen. «Ich bin jeweils am Morgen hier», sagt Serge. Er wolle jeglichen Stress vermeiden. Und er sei froh, dass er im Rahmen der Stiftung Gärtnerhaus seinem Beruf nachgehen könne. «Es wäre schön, wenn ich hier später sogar Lehrlinge ausbilden könnte. Das würde mich sehr freuen», sagt er.
Die Schuhmacherei der Stiftung Gärtnerhaus befindet sich im Laden des Textilateliers am Schmiedgässli 2 in Fahrwangen. Serge berät seine Kunden von Montag bis Freitag, 8 bis 12 Uhr. Schuhe werden auch am Nachmittag zur Reparatur angenommen (13 bis 16.30 Uhr). In der Regel sind die Schuhe innerhalb einer Woche abholbereit.