«Ich bin durch die Hölle gegangen»

Es war eine Tragödie mit Ansage, denn Kenner warnten vor dem Areal der Loveparade. 19 Menschen sind am Samstag in Duisburg bei einer Massenpanik ums Leben gekommen - 340 wurden verletzt.

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19 Tote an der Loveparade in Duisburg
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 Der Organisator der Loveparade Rainer Schaller

19 Tote an der Loveparade in Duisburg

Am Sonntag hat er um sein Leben gekämpft, heute ist Martin Hahn mit weissen Rosen zum Trauern gekommen. Der 27- Jährige steht an der Absperrung vor dem Tunnel. Dort waren nach einem Massengedränge am Samstag 19 Menschen ums Leben gekommen. Hahn hat Tränen in den Augen. «Ich bin durch die Hölle gegangen. Ich kann das nicht verarbeiten. Die Leute sind einander auf den Köpfen rumgetrampelt. Wir waren hilflos», sagt er und legt seinen Blumenstrauss nahe der Absperrung ab.

Etwa 50 Menschen stehen am Sonntagvormittag nach dem Loveparade-Desaster vor dem nur 3,80 Meter hohen Tunnel am einstigen Güterbahnhof. Hier war das Nadelöhr, in dem die friedlich zum Tanzen gekommenen Jugendlichen immer enger aneinandergepresst wurden, bis es zur Katastrophe kam. Die Stimmung ist gedrückt, nicht sensationslustig. Das hier sind Trauernde, keine Voyeure. Eine ältere Frau in beigefarbener Jacke lehnt fassungslos an der Backsteinmauer eines Hauses, sie weint.

Vor dem letzten Haus der Karl-Lehr-Strasse, der Nummer 16, liegen Blumensträusse. Mit Teelichtern und roten und weissen Friedhofslichtern zeigen Angehörige und Nachbarn ihre Trauer. «Warum? Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten den Opfern und Angehörigen. Es ist so sinnlos», haben Nachbarn mit schwarzem Buntstift auf ein A4-Blatt geschrieben, das an einer Mauer hängt. Ein Meer von Fragezeichen auf dem Blatt zeigt die Ratlosigkeit der Schreiber.

Manchen Trauernden steht die Todesangst vom Samstag noch ins Gesicht geschrieben. «Der Tunnel war verstopft. Es wurde richtig voll. Ich fühlte mich ohnmächtig», sagt Maja Jakov (32), die beim Fest dabei war. «Gestern hab ich mich gefreut, heute ist Trauer», sagt sie und wendet sich ab.

Vor allem bei älteren Duisburgern mischt sich in die Trauer auch Wut auf die Organisatoren. «Ich schäme mich für diese Stadt. Ich fordere den sofortigen Rücktritt von Oberbürgermeister Sauerland», sagt der 59-jährige Manfred Pauls. Auch die Polizisten seien am Ende ihrer Kräfte gewesen, sagt der Duisburger Jürgen Schneider (60), der am Samstag dabei war. «Ich kann nicht mehr», habe einer während der Katastrophe gerufen. (dpa)