Die Diskussion zur Minarett-In-itiative wirft Fragen auf. Viele Ängste sind in der Schweizer Bevölkerung vorhanden. Zusätzlich fehlen umfassende Kenntnisse vom Islam und vom Leben der muslimischen Mitbürger. Am Sonntagabend konnte diesen brennenden Fragen in der Mehrzweckhalle Würenlos Ausdruck verliehen werden.
Tabea Baumgartner
«Etwas möchte ich Ihnen heute Abend mitgeben.» Yahya Hassan Bajwa zieht den Pullover aus. «I am muslim, don't panic» steht auf seinem T-Shirt.
Der Referent Yahya Hassan Bajwa hat sowohl den Schweizer wie auch den pakistanischen Pass. Der Badener Einwohnerrat ist Muslim und steht den Interessierten Rede und Antwort. Sofort versucht er, Berührungsängste abzubauen: «Ich spreche ‹Züridütsch› und habe das Militär gemacht», sagt er. Er präsentiert verschiedene Kopfbedeckungen aus der islamischen Welt. «Die Traditionen und die Unterschiede in der Ausübung des Glaubens sind riesig. Ein Muslim ist nicht einfach ein Muslim.»
Die Zuhörer, mehrheitlich aus Würenlos, sind mit dem Christentum vertraut. Doch was wissen sie über den Islam? In einer offenen Fragerunde wird gesammelt, was die Leute beschäftigt. «Wie können Junge dazu motiviert werden, ein Selbstmordattentat zu begehen?», will jemand wissen. «Oft sind es Menschen, die unter erbärmlichen Bedingungen leben, die sich den Extremisten anschliessen», antwortet Bajwa. «Das Elend ist so gross, dass sie keinen anderen Ausweg sehen. Man sollte den Jungen eine Perspektive bieten.»
Bajwa erklärt, wie er den Islam lebt, auslegt und was ihm wichtig ist. «Ich bete manchmal auch in einer Kirche. Ein Gotteshaus soll für alle offen stehen, sei dies eine Kirche oder eine Moschee.» Er möchte, dass Vorurteile abgebaut werden. «In Pakistan trinken Christen und Muslime nicht aus demselben Glas. Ich möchte mit meinem Projekt «LivingEducation» den Menschen zeigen, dass dies möglich ist.» Des Weiteren informiert er über die Grundsätze des Islam, die fünf Pfeiler. Darin lassen sich Parallelen zum Christentum erkennen, beispielsweise der Glaube an einen Gott, die Aufforderung zum Gebet, die Verpflichtung, sich um sozial Schwächere zu kümmern, und das Fasten.
Interreligiöse Begegnungen
Die rege Teilnahme am Gesprächsabend bestätigt, dass interessierte Menschen da sind. Es mangelt an Plattformen, welche Begegnungen von Christen und Muslimen ermöglichen. Peter Spinatsch, katholischer Gemeindeleiter von Würenlos, sagt selber, dass er in seinem Leben nicht vielen Muslimen begegnet sei. «Die verschiedenen Religionsgemeinschaften könnten viel voneinander lernen», meint der Initiant des Abends. «Wir müssen zwischen dem Islam und den Traditionen unterscheiden lernen», gibt Bajwa zu bedenken. Spinatsch betont: «Vorurteile und Verallgemeinerungen dürfen keinen Platz haben.»
Solche Diskussionen sollten auch an anderen Orten stattfinden können. Es bleibt zu hoffen, dass die Menschen in der Schweiz ihre kritischen Fragen auch dem muslimischen Nachbarn stellen werden.