Der SC Bern und die Young Boys haben von der Stadt Bern ein Pflichtenheft erhalten und müssen für Sicherheit sorgen. Sie verkaufen beispielsweise kein Bier mehr an unter 18-Jährige. Halten sie die Vereinbarungen nicht ein, werden sie zur Kasse gebeten.
Johannes Reichen
Die Eishockeyaner des SC Bern und die Fussballer der Young Boys sind Publikumsmagneten. 15 500 Besucher haben in dieser Saison bisher durchschnittlich die SCB-Spiele in der Postfinance-Arena verfolgt, gar 22 000 sinds im Stade de Suisse bei YB. Ein kleiner Teil von ihnen aber verhält sich nicht so, wie er sollte. Seit Jahren wird versucht, die Gewalt rund um Fussball- und Eishockeyspiele in den Griff zu kriegen - bis jetzt zumeist erfolglos. «Zehn Jahre dauert der Kampf gegen die Gewalt nun schon an», sagt SCB-Geschäftsführer Marc Lüthi, «und so lange wird er wohl auch noch weitergehen.»
Wenn der SCB und YB folgende Massnahmen nicht oder ungenügend umsetzen, wird der jährliche Beitrag von derzeit je 60 000 Franken an die Stadt Bern erhöht:
Alkohol: Bei Hochrisikospielen wird nur Leichtbier oder gar kein Alkohol ausgeschenkt. An unter 18-Jährige wird kein Alkohol mehr ausgeschenkt.
Kontrollen: Am Eingang wird noch rigoroser kontrolliert.
Videoüberwachung: Der SCB muss sie einführen, YB hat sie.
Zusammenarbeit: Sowohl in Sachen Sicherheitskonzept als auch Identifizierung von Straftätern arbeiten die Clubs eng mit den Polizeibehörden zusammen.
Fanarbeit: Die bestehenden Projekte werden ausgebaut.
Feuerwerk: Die Clubs müssen sich von Pyro-Aktionen und Gewalt distanzieren und Kampagnen lancieren.
Fantrennung: Eine konsequente Fantrennung im und bauliche Massnahmen ums Stadion werden von beiden Clubs verlangt. YB wird sich mit den SBB auch um den Bahnhof Wankdorf Gedanken machen müssen.
Auswärtsspiele: Zu Auswärtsspielen reisen die Fans mit einer bestimmten Anzahl Sicherheitsbegleitern.
Stadionverbote: Müssen rigoros durchgesetzt werden. (joh)
Vor einer Woche präsentierten die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren die neuesten Massnahmen für mehr Sicherheit (wir berichteten). Nun will man in Bern nicht zuwarten und schöpft die kommunalen Kompetenzen aus. Die Stadt und die beiden Grossklubs stellten gestern ihre neue Vereinbarung vor. Ein umfassendes Paket soll für Ruhe in den Stadien und darum herum sorgen (siehe Kasten).
Polizeieinsätze mindern
Besonders revolutionär sind die Massnahmen nicht, was für Stade-de-Suisse-Geschäftsführer Stefan Niedermaier ein Zeichen dafür ist, «dass wir schon lange daran arbeiten». Für den Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) ist allerdings die «Verbindlichkeit» neu, die mit der Vereinbarung geschaffen werde: Wenn die Clubs nicht spuren, werden sie zur Kasse gebeten.
Jährlich je 60 000 Franken zahlen die beiden Clubs, und an diesem Betrag will Nause nichts ändern. «Wir wollen nicht primär Kosten umverteilen, sondern dafür Sorgen, dass die Kosten für Polizeieinsätze gar nicht mehr entstehen.» Zwischen 22 000 und 26 000 Stunden leisten Berner Polizisten pro Jahr an Sportanlässen, SCB und noch mehr YB sind die Hauptverursacher. Sie sollen dereinst wieder reduziert werden können.
Probleme rund ums Stadion
2,5 Millionen Franken pro Jahr gibt YB für die Sicherheit aus. Es gibt Fanarbeiter, Kontrollen, Kameras, Stadionverbote. «25 Prozent aller Verbote haben wir ausgesprochen», sagt Niedermaier. Und trotzdem reichts nicht für gesittete Spiele. «Im Stadion haben wir die Situation weitgehend im Griff», sagt zwar Niedermaier, «abgesehen von Feuerwerk.»
Das grösste Problem aber liege ausserhalb des Stadions und sei ein gesellschaftliches. «Wir sind alle Opfer, auch YB», sagt er, ausser eben der kleine gewalttätige Kreis. Dafür soll die Fanarbeit aufgestockt werden. Mit dem Abgabeverbot von Alkohol an unter 18-Jährige hofft er, dass die Gewaltbereitschaft abnimmt. «Wir müssen ihnen aufzeigen, dass sie sich nicht richtig verhalten.»
Gegen Sitzplatzstadien
Rund eine Million gibt der SCB pro Saison für die Sicherheit aus. Gegen 300 000 Franken kosten die neuen Massnahmen gemäss der Vereinbarung, sagt Lüthi. Er kann gut damit leben. «Solange es für uns nicht existenziell wird, tun wir alles, damit sich die Besucher sicher fühlen.» Die Vereinbarung ist darum aus seiner Sicht «pragmatisch» ausgefallen. «Sie bringt uns einen Schritt weiter.»
Andere, von den Polizeidirektoren ins Auge gefasste Massahmen lehnt er aber kategorisch ab, so etwa die Fancard oder ein Stehplatzverbot. «Wenn wir keine Stehplätze mehr haben, können wir zu machen.» Auch Niedermaier spricht von einer «Stehplatzkultur in Bern», die man erhalten müsse, sowohl beim SCB wie auch bei YB.
Aus Lüthis Sicht liegt das Hauptproblem darin, dass der «Gesetzgeber keine schärferen Gesetze und Sanktionen» gegen Gewalttäter anwendet. «Wir können im Stadion für Ordung sorgen, nicht aber draussen.»