Erst gestern ist das Claraspital in Besitz von 200 Dosen des Schweinegrippe-Impfstoffs Pandemrix gekommen.
Die Warterei hat für Astrid Salvelli endlich ein Ende. «Für das Claraspital stehen 200 Dosen des Impfstoffes Pandemrix zur Verfügung. Heute Nachmittag hole ich sie persönlich im Universitätsspital ab», sagt die Spitalhygiene-Leiterin sichtlich erleichtert. Die Hektik der letzten Tage sei auch an ihr nicht spurlos vorbeigegangen, doch sie versuche, Kollegen und Patienten damit nicht zu belasten. Jetzt ist der Impfstoff aber da, die Zeit der Mutmassungen und Prognosen endgültig vorbei.
Weil es sich beim Claraspital um ein kleines Krankenhaus handelt, erhält es die Dosen 24 Stunden später als das Uni-Spital. Diese ungleiche Behandlung hat rein logistische Gründe: Die grossen Packungen à 500 Dosen müssen zuerst umgepackt werden, damit sie kleineren Spitälern und Arztpraxen zur Verfügung gestellt werden können. Das Uni-Spital kann die grossen Packungen dank seines überdurchschnittlichen Personalanteils annehmen.
Durch die Lieferung des Impfstoffes sind die Sorgen für einen Moment vergessen, doch Salvelli denkt bereits einen Schritt weiter. Bedenken kommen auf, ob die 200 Pandemrix-Dosen auch ausreichen. Geimpft werden ab heute Donnerstag alle Mitglieder des Personals, die einer Risikogruppe angehören. Die Aktion ist freiwillig, am kommenden Mittwoch verstreicht die letzte Frist. Erst danach dürfen sich alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Spitals impfen lassen - vorausgesetzt, es gibt noch Impfstoff. «Ich weiss zurzeit nicht, ob ich Nachschub bekomme», schildert die Hygiene-Leiterin ihre grösste Sorge.
Sowohl Astrid Salvelli als auch Spitaldirektor Peter Eichenberger würden sich von einer Impfung nicht drücken. «In meiner Position muss ich eine Vorbildfunktion einnehmen», erklärt Eichenberger, der aber auch nicht sicher ist, ob genug Impfstoff übrig bleibt. Wer sicher nicht geimpft wird, sind schwangere Spitalangestellte. Der für werdende Mütter bewilligte Impfstoff Focetria, der ohnehin in geringer Anzahl vorhanden ist, bekommt das Claraspital nicht zu sehen. Deshalb müssten Schwangere ihren Frauenarzt aufsuchen, sagt Salvelli.
Zwei Konzepte erarbeitet
So wie es scheint, kommt der Impfstoff für das Claraspital genau zur richtigen Zeit. Noch deutet nichts auf eine mögliche Pandemie hin. Dem Behälter mit Desinfektionsmittel im Eingangsbereich schenkt niemand Beachtung und Schutzmasken trägt auch niemand. Auf einen Ansturm von grippekranken Menschen ist aber auch das kleine Claraspital vorbereitet. «Wir haben zwei verschiedene Konzepte erarbeitet», erläutert Astrid Salvelli.
Momentan werden Personen mit Grippesymptomen in einem Sprechzimmer untersucht und, bei positivem Befund, in einen Isolations-Raum gebracht. Sollte sich die Situation dramatisch verändern, würde laut Salvelli das Worst-Case-Konzept zum Tragen kommen. «Bricht die Pandemie wirklich aus, müssen wir verhindern, dass die kranken Menschen den Haupteingang benützen und somit mit ‹normalen› Patienten in Kontakt kommen. Um dies zu verhindern, werden wir einen Nebeneingang einrichten.»
Bislang ist im Claraspital ein einziger gesicherter Schweinegrippe-Fall im Personal diagnostiziert worden; zudem gab es sechs Patienten, bei dem sich der Verdacht nicht erhärtet hat. Auch deshalb gibt man sich noch gelassen.