Aargau
Höchstens noch bis 2013 schwitzen

Im Aargau sind erst wenige Regionalzüge klimatisiert – kühler wirds erst in vier Jahren überall Seit dem Hitzesommer 2003 wird die Klimatisierung der Züge national intensiviert. Doch im Aargau bleibt es auch diesen Sommer auf vielen Strecken heiss.

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Klimatisation in Zügen

Klimatisation in Zügen

Aargauer Zeitung

Sabine Kuster

Bereits rund die Hälfte aller Züge in der Schweiz sind klimatisiert. Doch im Aargau klebt in diesen Tagen auf vielen Regionalstrecken den Passagieren auf der Heimfahrt immer noch das Hemd am Rücken: Im Freiamt, zwischen Wettingen und Aarau oder von Baden nach Waldshut (siehe Liste). Erst im Seetal oder dem Rhein entlang verkehren klimatisierte Züge.

Nicht nur die Temperaturen sind im Sommer heutzutage leicht höher als früher - auch die Ansprüche an den Komfort in den Zügen sind gestiegen. Deshalb klimatisieren die SBB seit 2002 und besonders seit dem Hitzesommer 2003 auch ihr regionales Rollmaterial.
«Nur an wenigen Tagen heiss»

Im Regionalverkehr bestimmt der Aargau selbst, wie viele und welche Züge verkehren (im Unterschied zu den Intercity- und Interregio-Zügen, welche unter der Hoheit der SBB stehen). Der Kanton bestellt das regionale Wagenmaterial bei den SBB - und bezahlt es. Dafür verantwortlich ist Walter Zimmermann, Leiter der Sektion Öffentlicher Verkehr des Kantons Aargau.

Hier ist es schon kühl

S9 Lenzburg-Luzern (Seetal) seit 2003
S28 Zofingen-Lenzburg seit 2003
S41 Waldshut-Koblenz-Bülach seit 2005 klimatisiert
S1 Laufenburg-Basel mit «Flirts» seit 2008 klimatisiert
S14 Wynental-Suhrental klimatisierte Züge werden derzeit ausgeliefert.
An Wochenenden bereits fast flächendeckend klimatisierte Züge. Die neuen Züge verkehren auch ausserhalb der Stammstrecken, weil die Kompositionen kürzer sind.

Zu den Fortschritten in der Klimatisierung sagt er: «Natürlich wäre schneller besser, aber erstens mögen gar nicht alle Leute klimatisierte Wagen und zweitens ist es nur an wenigen Tagen im Jahr extrem heiss. Und selbst dann sind die alten Züge erst abends auf der Heimfahrt überhitzt.»

Zimmermann ist zufrieden, wie die Lieferungen für die neuen oder überholten Regionalzüge ablaufen. Zwar gäbe es Begehrlichkeiten aus allen Ecken der Schweiz, aber: «Wir schauen, dass wir vorn mit dabei sind. Im interkantonalen Vergleich sind wir relativ schnell mit Klimatisieren. Aber wir haben kein unbeschränktes Budget.» Will heissen: Der Kanton kann nur bestellen, was er auch bezahlen kann.

Hier wird noch geschwitzt

S26 Aarau-Rotkreuz (Freiamt) (erste Züge klimatisiert ab 2010)
S29 Aarau-Turgi mit neuen «Flirts» (erste Züge klimatisiert ab 2010)
S17 Wohlen-Bremgarten-Dietikon (erste Züge klimatisiert ab 2010)
S23 Langenthal-Baden mit «Domino» (erste Züge klimatisiert ab 2011)
S27 Baden-Waldshut mit «Domino» (erste Züge klimatisiert ab 2012)
Regio Express Olten-Wettingen wahrscheinlich mit neuen Doppelstocktriebzügen ab 2013

Rund 150 Millionen beträgt das Kantons-Budget für den regionalen Bus- und Bahnverkehr heute. Allein durch die Erneuerung des Rollmaterials für den Regionalverkehr entstehen für den Kanton bis im Jahr 2017 jährliche Mehrkosten von 10,6 Millionen Franken.

Manche Wagen sind 40-jährig

Auf einzelnen Regionalverkehrslinien und für Zusatzzüge in den Hauptverkehrszeiten steht im Aargau noch Rollmaterial im Einsatz, das aus den 50er- und 60er-Jahren stammt - die so genannten Einheitswagen (EW) I und II mit den alten Senkfenstern. Auch die neueren grau-blauen Nahverkehrspendelzüge (NPZ) sind noch nicht klimatisiert.

NPZ haben eine Lüftung und Fenster, die sich nur oben ein wenig aufklappen lassen. Für die allermeisten Tage im Jahr genügt das. Doch wenn wie jetzt im Hochsommer die Temperaturen über 30 Grad klettern, hängen die Passagiere dort verschwitzt und schlaff in den Sitzen.

Ansprüche an Komfort wuchsen

«Die NPZ gilt es jetzt zu überholen», sagt Zimmermann. «Sie genügen den heutigen Komfortansprüchen nicht mehr.» Und die 40-jährigen Zwischenwagen müssen ersetzt werden. Die Planung dafür sei schon lange im Gange, sagt Zimmermann. Doch zwei Faktoren verzögern dies: die Finanzen des Kantons und die Produktionszeiten der SBB.

Da die SBB nur zwei Zugeinheiten pro Monat überholen könnten, dauere es eben seine Zeit, bis die 120 so genannten «Dominos» entstünden, sagt Zimmermann: In den NPZ-Steuer- und -Triebwagen überholen die SBB die Mechanik und Elektronik und die Fahrgastabteile werden innen vollständig erneuert. Zudem werden Bildschirme für die Fahrgastinformation installiert und die Wagen erhalten eine Klimatisierung. Dazu liefert die Herstellerfirma Bombardier neue, klimatisierte Niederflur-Zwischenwagen.

Regiozüge sind eine Extraklasse
Doch im Regionalverkehr wird nicht nur klimatisiertes Rollmaterial benötigt, es muss auf den kurzen Strecken zwischen den Haltestellen auch schneller beschleunigen können. Und es braucht breitere Türen, die ein rascheres Ein- und Aussteigen erlauben. Bis in die 90er-Jahre verschoben die SBB Züge aus dem Fernverkehr in den Regionalverkehr, wenn neue geliefert wurden. Heutzutage jedoch ist der Regionalverkehr eine Klasse für sich mit hohen Ansprüchen. Triebwagen wie der «Flirt» wurden speziell für den Regionalverkehr konzipiert.

Die neuen, kühleren und moderneren Züge kommen also oder sind schon da. Aber zu den Spitzenzeiten werden nach wie vor einige alte Wagen verkehren. «Bis auch alle Zusatzzüge in den Hauptverkehrszeiten mit klimatisiertem Rollmaterial verkehren, wird es wohl noch einige Jahre dauern», sagt Zimmermann. Der Leiter der Sektion Öffentlicher Verkehr des Kantons Aargau fühlt mit den Passagieren jener Züge: «Die nächsten Wochen werden heiss, das ist klar», sagt er.