Roggwil
Hier Jubiläum feiern, dort Zukunft klären

Drei Tage, der Auftakt mit einem Openair-Film am Donnerstag: Das ist seit zehn Jahren das Konzept des Akzänt-Kulturfestes in Roggwil. Eine Bilanz mit der Gruppierung fördert politische Nachdenklichkeit zutage.

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Akzänt

Akzänt

Solothurner Zeitung

Jürg Rettenmund

Was verrät, dass spontane Bewegungen in die Jahre kommen? Wenn sie das erste Jubiläum feiern. An diesem Massstab gemessen, ist auch Akzänt in Roggwil dort angekommen. Dabei muss man sich schon Mühe geben, um im Akzänt-Kulturfest vom kommenden Wochenende den Anlass zum 10-jährigen Bestehen zu erkennen. Gemäss Homepage der Gruppierung fand das erste Kulturfest nämlich bereits 1995 statt - rechne!

Daniel Grob, eines der «Gründungsmitglieder», rechnet nicht, sondern erklärt: Es ist das zehnte Fest am heutigen Ort und mit dem heutigen Konzept. Der Ort ist das Gelände der Rothschreinerei an der Schulhausstrasse. «Für mich ist das Fest zu einem Höhepunkt des Jahres geworden, sagt «Gastgeber» Kurt Roth. «Es ist ein ‹Indie-Fest›, wie es sonst kaum eines gibt in der Region. Hier trifft man Leute, die man kennt, und man lädt seine Leute dazu ein.»

Das Konzept besteht aus drei Abenden, wobei ein Openair-Film am Donnerstag den Auftakt macht. Der Freitag und der Samstag gehören dann der Musik, meist mit Formationen aus der Region. Schliesslich ist jeweils auch das kulinarische Angebot dem kulturellen Leckebissen angepasst. Gleich geblieben ist seit zehn Jahren der Termin mitten in den Sommerferien.

Ein Kind der grünen Bewegung

Entstanden ist Akzänt Ende der 1980er-Jahre. Initianten waren Leute, die man in der Politlandschaft bei den Grünen, im Kanton Bern damals bei der Freien Liste um Leni Robert einordnen kann. Sie engagierten sich jedoch nur lokal, und von dort stammt denn auch der Name. Konkreter Anlass war die Dorfkerngestaltung im Rahmen einer Ortsplanungsrevision. Aus Aktion Zäntrum entstand Akzänt.

Seit 1994 mischt Akzänt auch direkt in der Gemeindepolitik mit. Doch während sie als Kulturveranstalter jubilieren, nehmen die Aktivisten im politischen Bereich eher eine Auszeit zur kritischen Standortbestimmung. «Das hängt mit der Bestellung der vom Gemeinderat gewählten Kommissionen nach den letzten Wahlen zusammen», erklärt Grob, «dazu kommt die Enttäuschung darüber, wie das neue Organisationsreglement angewendet wird.

Obschon Akzänt 2006 zum vierten Mal in Folge einen Gemeinderatssitz errang, sei es bei den Kommissionen übergangen worden, erklärt Grob und gerät noch heute sichtlich in Rage: «Es wurden sogar ein bestehendes, bewährtes Mitglieder nicht bestätigt.»

«Vom Organisationsreglement versprachen wir uns sehr viel», kommt Grob auf den zweiten Punkt zu sprechen: «Die dort postulierte Trennung zwischen strategischer und operativer Ebene wäre eine Voraussetzung, um politische Aufgaben wieder interessanter zu machen.» Akzänt engagiere sich gerne in der Gemeinde, politisch und praktisch, doch man habe feststellen müssen, dass bei den politischen Aufgaben alles beim alten geblieben sei. «Nach wie vor ziehen Kommissionsmitglieder an der St.-Urban-Kilbi Standgelder ein», nennt Grob spontan ein Beispiel.

Diese Entwicklung zwischen reglementarischer Theorie und politischer Praxis war gemäss Grob auch der Grund, warum Gemeinderat Markus Zimmermann - ein anderes Akzänt-Urgestein - in der Mitte der Legislatur das Amt niederlegte.

Immerhin konnte Akzänt schliesslich mit Kulturkommissions-Mitglied Michael Huber einen gut geeigneten Ersatz stellen. Da sich dieser jedoch ausdrücklich nur als Sympathisant von Akzänt versteht, entstand eine spezielle Situation: Akzänt, das keine Partei sein will, hat einen Parteilosen in der Gemeinde-Regierung.

Analyse im Herbst

Ganz geklärt ist die Situation noch nicht. «Im Herbst sitzen wir zusammen und analysieren die Lage», erklärt Grob. Dort wird Akzänt auch die Weichen für die Wahlen 2010 stellen. «Im Alleingang treten wir kaum mehr an», ist Grob überzeugt. Es gelte aber auch, die gesamte Politlandschaft in Betracht zu ziehen. «Da ist einiges in Bewegung», stellt Grob fest und spricht besonders die Grünliberalen an.

Das Fest

Donnerstag: Long Walk Home im Openair-Kino. Dazu Didgeridoo-Klänge mit Romann Buss.
Freitag: Energizer und Tortilla Flat.
Samstag: Swiss Indian Orchestra.
Jeden Tag: Essen und Getränke ab 19 Uhr; Live-Acts ab 21 Uhr.

Seit 2007 ist Akzänt auch ganz ordentlich als Verein mit Statuten organisiert. Zwei «pragmatische» Gründe nennt Grob dafür: Einmal habe die Gemeinde auf einen offiziellen Ansprechpartner gedrängt. Wichtiger sei jedoch die finanzielle Haftungsfrage: Ohne Statuten haften alle Mitglieder einer Gruppierung unbegrenzt solidarisch.

«Gerade im Zusammenhang mit dem Kulturfest ist das ein erhebliches Risiko», stellt Grob fest. Dank Statuten kann nun für das Jubiläum ohne schlaflose Nächte mit etwas grösserer Kelle angerichtet werden.