Wird im Zuge der Untersuchungen zu den Vorfällen im «Lotterknast» Schöngrün auf Mitarbeiter Druck ausgeübt? Der Staatspersoanlverband schlägt Alarm.
Marco Zwahlen
«Betriebsklima auf dem Nullpunkt», «Misstrauen vieler Mitarbeitender gegenüber der Führung», «Furcht vor Repressalien»... - für die gegenwärtige Situation in der Strafanstalt Schöngrün wählt der Staatspersonalverband deutliche Worte. Zu lesen ist dies in seiner aktuellen Mitgliederzeitschrift «SOpersönlich». Offenbar haben die im März publik gewordenen skandalösen Zustände in der Aussenstation Bleichenberg - Sex mit einer Minderjährigen, Ein- und Ausgang von Insassen nach Belieben dank Schlüsselkopie, Drogenexzesse usw. (wir berichteten) - das Fass nur zum Überlaufen gebracht.
Nach Bekanntwerden der Vorfälle haben sich so viele Schöngrün-Mitarbeitende beim Verband gemeldet, dass dieser ein Krisentreffen organisierte. An diesem «war der Grossteil der Belegschaft» anwesend, wie in «SOpersönlich» zu lesen ist. Mehrere Mitarbeitende erklärten sich bereit, vor der vom Regierungsrat eingesetzten Untersuchungskommission «wahrheitsgetreu auszusagen». Seinen Eindruck des Krisentreffens mit den Mitarbeitenden fasst Pirmin Bischof, seit 18 Jahren Sekretär des Staatspersonalverbandes, auf Nachfrage zusammen: «Diese Dimension der Verunsicherung und der Angst habe ich noch nie erlebt.»
Intervention bei Peter Gomm
Im «SOpersönlich» ist weiter zu lesen, dass der Staatspersonalverband bei Regierungsrat Peter Gomm intervenierte. Mit Erfolg: Daraufhin «sicherte die Anstaltsdirektion den Mitarbeitenden schriftlich zu, dass sie keine Nachteile befürchten müssten.» Aber: «Zwischenzeitliche Ereignisse haben nun das Misstrauen bei vielen Mitarbeitenden wieder verstärkt».
Der Staatspersonalverband hat nun in einem weiteren Schreiben an Gomm die Forderung wiederholt, dass nach Vorliegen der Ergebnisse der Untersuchungskommission gehandelt wird. Der Bericht der Kommission liegt voraussichtlich Ende November zuhanden der Regierung vor (wir berichteten). Zudem fordert der Verband, «dass auch während des Verfahrens die Mitarbeitenden, die vor der Kommission ausgesagt haben, keine Nachteile erleiden». Abschliessend hält der Verband fest, dass er «die Lage im Schöngrün mit Sorge beobachtet und dran bleibt.»
Unbegründete Befürchtungen
Zum «Situationsbericht» des Staatspersonalverbandes versichert Rudolf Tschachtli, Chef Amt für öffentliche Sicherheit und direkter Vorgesetzter der Anstalt-Direktion: «Ausser der Kommission weiss niemand, wer was ausgesagt hat.» Er bestätigt zugleich, dass das laufende Verfahren «für alle Chargen belastend ist.» Für das vorherrschende Misstrauen und die Verunsicherung sieht Tschachtli aber auch andere Gründe. So wird in einer anstaltsinternen Mitarbeiterzufriedenheitsumfrage vom September 2008 der Informationsfluss von oben nach unten kritisiert. «Mangelnde Information führt zu Misstrauen», so Tschachtli. Hier habe die Anstalt just letzte Woche den Mitarbeitern einen Massnahmenkatalog vorgestellt. Hinzu komme bei vielen Schöngrün-Mitarbeitern ein Gefühl der Arbeitsplatzunsicherheit. Man sei quasi seit 2002 in einer provisorischen Organisation. Hintergrund dafür sei der für 2012/13 geplante Umzug der Strafanstalt nach Deitingen/Flumenthal, wo der offene und geschlossene Vollzug in der geplanten neuen Justizvollzugsanstalt «im Schache» konzentriert wird.
Ergänzend zu den Ausführungen Tschachtlis hält Regierungsrat Peter Gomm fest: «Kein Mitarbeiter, der von der Untersuchungskommission befragt worden ist, hat deswegen hat Repressalien zu befürchten. Das gilt nach wie vor.»