Die Zürcher Fachhochschulen verzeichnen so viele Anmeldungen wie nie. In der Krise steigt der Druck, sich weiterzubilden.
Philippe Klein
Zürcherinnen und Zürcher drücken häufiger die Schulbank: So viele Studierende wie noch nie werden im Herbst ein Studium an einer Zürcher Fachhochschule beginnen. Die grösste, die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) mit Standorten in Winterhur, Zürich und Wädenswil, rechnet für den Semesterbeginn am 14. September mit 8000 Studierenden. Zum Vergleich: 2006 waren es noch 5000, im Jahr 2007 5800 und 2008 bereits 6900.
Nicht alle Fächer sind dabei gleich beliebt, erklärt ZHAW-Sprecherin Neva Waldvogel. «Einen Boom verzeichnen wir in den Bachelor-Studiengängen Betriebsökonomie, International Management und Wirtschaftsrecht. Dort rechnen wir mit 1000 neuen Studierenden.» Im Departement Life Sciences und Facility Management habe der Bachelor-Studiengang Umweltingenieurwesen Zulauf, die restlichen Studiengänge blieben konstant. Den Run auf die FH bestätigt auch Yves Atteslander von der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ): «Wir erwarten im Herbst eine neue Rekordzahl von Studierenden.»
Seit 2006 habe die Anzahl HWZ-Studierender um einen Drittel zugenommen. Zählte man 2006 noch 279 Neumeldungen, erwartet man diesen Herbst gegen 370 Neue von total 1700 Studierenden. Besonders beliebt seien die Fächer Betriebsökonomie und Kommunikation.
Für Atteslander ist klar: Hauptgrund für den Zulauf ist die konjunkturelle Lage. «Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, ist es schwieriger, am Arbeitsplatz voranzukommen. Da entscheiden sich viele Arbeitnehmer, in Form einer Weiterbildung voranzukommen.» Direkt mit der Arbeitslosigkeit habe der Boom an der HWZ aber nicht zu tun, sagt Atteslander: «Wer bei uns studiert, muss zu mindestens 50 Prozent berufstätig sein.»
«Attraktive Lehrgänge»
Den Trend zur Weiterbildung in der Krise erkennt auch Jeannette Rusch von der Laufbahnberatung Stadt Zürich. Sie weist auf einen weiteren Grund hin: Die Änderung der Organisationsstrukur der Fachhochschullandschaft durch das neue Fachhochschulgesetz (vgl. links). «Das Bologna-System hat die Fachhochschulen massiv aufgewertet. Vollzeit oder Teilzeit, Nachdiplomlehrgang, Bachelor- oder Masterabschluss - die Modularität der Lehrgänge ist äusserst attraktiv.»
Die Laufbahnberaterin sieht den Trend zur FH allerdings nicht durch die rosa Brille. Die formalen Anforderungen ans Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte steige stetig, sagt Rusch. Um «arbeitsmarktfähig» zu bleiben, wachse der Druck, sich weiterzubilden. Nebst Diplomen und Abschlüssen dürfe man aber nicht vergessen, dass eine Qualifikation besonders wichtig sei: «Die beste Ausbildung nützt meistens wenig, wenn der Arbeitnehmer keine Praxiserfahrung aufweist.»