«Ein Dorf ohne Beiz ist kein Dorf»

In den 1970er-Jahren präsentierte sich das Gasthaus Bären in Hottwil in einem desolaten Zustand. Eine Gruppe Unentwegter unter der Leitung von Jörg Stolz ersteigerte das Gebäude und gründete eine Genossenschaft - mit Erfolg. Jetzt tritt Stolz kürzer.

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«Ein Dorf ohne Beiz ist kein Dorf»

«Ein Dorf ohne Beiz ist kein Dorf»

Geri Hirt

«Ende der 1970er-Jahre waren im Zeitraum von fünf Jahren auf dem ‹Bären› drei Wirte und zudem war das Gasthaus während dreier Jahre geschlossen», erinnert sich Jörg Stolz. Neben den Pächtern hatten auch die Besitzer dreimal gewechselt. «Da sagten wir uns, wenn diese unhaltbare Situation verbessert werden soll, dann müssen wir etwas machen.» «Wir», das war eine Gruppe von vier jungen Einwohnern.

Beim Studium der Konkursunterlagen mussten die vier jedoch feststellen, dass sie das nötige Kapital von 50000 Franken allein nicht aufbringen konnten. Die Gruppe konnte zu einem Konsortium von 14 Personen erweitert werden. Vor der konkursamtlichen Versteigerung im «Schwyzerhüsli» in Wil setzte man sich eine Limite von 200000 Franken. Zwei Mitbieter trieben den Preis in die Höhe. Doch knapp unter der vom Konsortium gesetzten Grenze erhielten die Hottwiler den Zuschlag. Die Erleichterung war gross.

Genossenschaft als Trägerin

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass man den «Bären» in eine Genossenschaft überführen werde, sagt Jörg Stolz. So kam es 1979 zur Gründung der Genossenschaft Bären Hottwil. Jörg Stolz wurde damals zum Präsidenten gewählt. In kurzer Zeit zählte man 90 Genossenschafterinnen und Genossenschafter, was den Initianten den Rücken und der Genossenschaft die Finanzlage stärkte.

In einem ersten Schub wurden in das Gebäude, das über dem gestaffelten Fenster die Jahrzahl 1539 und im Kellertürbogen 1746 trägt, 135000 Franken investiert. Die Euphorie der Initianten erhielt jedoch schon bald einen Dämpfer, als der erste Wirt kurz vor Pachtantritt das Handtuch warf und vom Vertrag zurücktrat. «Da kamen wir arg ins Rotieren», erinnert sich Jörg Stolz. Doch mit der Wirtefamilie Brunner aus Zeihen ergab sich dann ein Happy End, führten sie doch den «Bären» während 25 Jahren zur vollen Zufriedenheit.

Eine Daueraufgabe

Seit Bestehen der Genossenschaft, also seit 31 Jahren, gehört das Sanieren und Renovieren zum Jahresprogramm. Anfänglich mussten die dringendsten Reparaturen und Ersatzanschaffungen getätigt werden. Später ging man nach einem Gesamtkonzept gezielt vor. «Wir mussten immer etwas machen», kommentiert Stolz die verschiedenen Renovationsschritte.

Als gröberer Brocken mit einem Kostenaufwand von 250 000 Franken ist vor drei Jahren das Erdgeschoss mit Küche, Gaststube und Eingangsbereich gründlich saniert worden. Letztes Jahr waren die Gartenwirtschaft und die ihr zugewandte Fassade mit einem Anbau an der Reihe. Kostenpunkt: 120000 Franken. Und momentan laufen die Arbeiten im ersten Obergeschoss. Dort werden für rund 40 000 Franken ein neues Gästezimmer mit eigenem WC und Dusche eingerichtet sowie zwei bestehende Gästezimmer renoviert und ein gemeinsames Badezimmer erstellt.

Ein Erfolgsmodell

244 Genossenschaftsmitglieder tragen heute den «Bären». «Die Zahl ist steigend», sagt Jörg Stolz mit einer gewissen Erleichterung. Dies deshalb, weil er weiss, dass ohne diese Genossenschaft es schon lange kein Gasthaus Bären mehr in Hottwil gäbe. «Der Betrieb dieser Dorfwirtschaft ist nur dank günstigem Genossenschaftskapital möglich.»

Das Modell Genossenschaft ist für den demissionierenden Präsidenten Jörg Stolz ein Erfolgsmodell, «denn es macht einerseits den ‹Bären› finanzierbar, andererseits bringt es eine einzigartige Kundenbindung». Die Identifikation mit der Genossenschaft äussere sich auch in der Tatsache, dass auf Antrag eines Mitgliedes das Genossenschaftskapital gegenwärtig nicht verzinst werde – ein Antrag, dem sich die Generalversammlung einstimmig anschloss. Und er fügt bei: «In der einstigen Dorfbeiz steckt heute eine Idee und viel Herzblut, insbesondere der Wirtsleute Esther und Geri Keller.»

Jetzt sollen jüngere ran

Die innovative Wirtefamilie entwickle tolle Ideen und trage mit dem Bau der Flösserherberge aktiv zum Erfolg bei. Und auch der Flösserweg als attraktiver und viel genutzter Wanderweg, in Zusammenarbeit mit dem Verein «dreiklang.ch» realisiert, wirke sich wirtschaftlich positiv aus. «Es passt einfach alles zusammen», stellt ein zufriedener Jörg Stolz fest. Vor wenigen Tagen ins AHV-Alter eingetreten, wird er an der Generalversammlung vom kommenden Freitag das Zepter in jüngere Hände übergeben.