Eine Nacht, 18 Arbeiter, 500 Kubikmeter Wasser, 720 Liter Seifenlauge und mehrere Fahrzeuge werden benötigt, um den Gubristtunnel zu reinigen.
Dominique Marty
«Achtung, jetzt beginnen wir mit der Sperrung.» Die Stimme des Einsatzleiters Urs Bühler schnarrt aus dem Funkgerät. Vor dem Gubristtunnel in Weiningen warten auf dem Pannenstreifen einige Lastwagen. Auf deren Dächern blinken orange Warnlichter. Ein Arbeiter schlüpft in die Arbeitskluft, und die vorbeirasenden Autos erhellen deren Leuchtstreifen.
Schwermetalle an den Wänden
Insgesamt stehen an diesem Abend 18 Spezialisten, Elektriker und Unterhaltsarbeiter bereit, um die zweite Röhre des Gubristtunnels zu reinigen. Der Tunnel Richtung St. Gallen wurde in der Nacht auf Mittwoch gewaschen. «Nach diesem harten Winter ist der Tunnel besonders schmutzig», sagt Christian Krismer, Betriebsleiter vom Werkhof Urdorf und Wallisellen, der für den Unterhalt des Gubrists zuständig ist. Schwermetalle aus Abgasen, Schmutz und Streusalz haben sich an den Wänden in einer dicken Schicht abgelagert. «Das muss weg, sonst greift der Schmutz den Beton an.»
Dick gepudert mit Staub
Inzwischen haben die Kantonspolizisten der Verkehrsleitzentrale in Zürich eine Fahrspur im Tunnel Richtung Bern gesperrt. Dann tritt Urs Bühler auf die Autobahn und hält den Verkehr Richtung St. Gallen an. Ein Lastwagen blockiert die Zufahrt zum Tunnel, und die Unterhaltsarbeiter richten Hütchen aus, die den Verkehrsstrom in die andere Röhre leiten sollen. Vor dem Tunnel senkt sich langsam die Leitplanke. Zögerlich setzt sich die Autoschlange in Bewegung und rauscht durch die Röhre auf der Gegenfahrbahn.
Für die Unterhaltsarbeiter beginnt nun eine harte Nacht - und ein besonderer Frühjahrsputz. Als Erstes fährt Mike Feher in den Tunnel. Er nimmt alle Leuchtsignale von den Wänden, zahlreiche SOS- und Tempo-Schilder, alle dick gepudert mit Staub. Feher schützt sich mit einer Maske vor den teilweise schädlichen Stoffen. Mit seinem Kollegen transportiert er die Signale in den Werkhof, reinigt sie dort und kontrolliert, ob alle einwandfrei funktionieren. Frühmorgens wird er diese wieder an ihrem Platz anbringen.
«Sonst sterben die Fische»
Mit Getöse fährt ein erstes Putzfahrzeug ein. Vorn ist ein Hochdruckreiniger installiert, der den gröbsten Dreck an den Seitenstreifen wegspritzt. Für den ganzen Tunnel benötigt das Team gut 500 Kubikmeter Wasser - das entspricht etwa einem halben Schwimmbecken. Im normalen Betrieb gelangt das Wasser aus dem Gubrist in den Lengenbach. Wird der Tunnel gereinigt, hantieren die Arbeiter mit Seifenlauge - und nicht mit wenig: Insgesamt verbrauchen sie für beide Röhren 720 Liter Lauge. Bis diese ganz aus den Abwasserkanälen des Berges gespült ist, dauert es einige Tage. Bis dahin gelangt das Schmutzwasser direkt in die Kläranlage. «Sonst würden im Lengenbach die Fische sterben», sagt der Betriebsleiter.
Neben den eigentlichen Putzfahrzeugen sind viele Spezialtruppen am Werk: Michel Zehner beispielsweise kontrolliert alle 22 Hydranten auf der Strecke Weiningen-Regensdorf. Um im Brandfall genügend Löschwasser zu haben, ist in Regensdorf ein Reservoir gebaut worden, das 80 bis 100 Kubikmeter Wasser fasst. Daraus werden die Hydranten im Tunnel gespeist. «Hätten wir das Reservoir nicht, würden wir im Brandfall ganz Regensdorf das Wasser abziehen», führt Krismer aus.
Die Unterhaltsarbeiter Sandra Hediger und Hiyssen Morin sind unterwegs, um die SOS-Nischen zu reinigen, die alle 150 Meter platziert sind. Hinter Chromstahltüren verbergen sich die Nottelefone für Autofahrer - und dick lagert auch hier der Dreck. «Sehen Sie», ruft Krismer, «die Türen sind aus Chromstahl. Das Salz aber ist so aggressiv, dass diese rosten.»
Die Waschanlage in der Röhre
Beim Tunnelausgang in Regensdorf haben zwei Seifenwagen - je auf einer Wandseite - die ersten Meter Weg zurückgelegt. An den Fahrzeugen ist seitlich eine Vorrichtung angebracht, die auf der ganzen Höhe der Tunnelwand Seifenlauge verspritzt. Diese soll den Dreck lösen. Dem Seifenwagen folgen die beiden Putzwagen. «Der Tunnel kann nicht in die Waschanlage, also fährt die Waschanlage in die Röhre», scherzt Krismer. Am eisernen Arm sind je vier Riesenbürsten befestigt, die der feuchten Wand eine echte Abreibung verpassen. Eine Stütze auf Rollen sichert das Fahrzeug, damit dieses unter der Bürstenlast nicht kippt. Mit Wasser wird anschliessend die Lauge samt Schmutz von der Wand gespült.
Drei Monate lang helle Wände
Nur langsam kommen die Putzwagen vorwärts. Deutlich ist der Unterschied zwischen der dreckigen und der geputzten Tunnelwand zu sehen. Gut sechs Stunden haben die Arbeiter noch Zeit, um die 3,3 Kilometer lange Strecke sauber zu kriegen. Um 5 Uhr muss der letzte Lastwagen die Röhre verlassen und die Lauge von der Fahrbahn gewaschen sein, damit die Autos nicht über die Seife rutschen. «Etwa drei Monate werden die Tunnelwände noch hell leuchten», sagt Krismer, dann lagert sich der Schmutz der Abgase wieder langsam ab und verdunkelt den Tunnel.